Gegner der Genversuche im Visier

■ Staatsanwaltschaft Augsburg durchforstet Einwenderlisten

Augsburg (taz) – Seit August vergangenen Jahres ermittelt die Augsburger Staatsanwaltschaft wegen eines Anschlags auf das Versuchsfeld der Chemiefirmen Hoechst und Schering. Die Konzerne hatten in Gersthofen bei Augsburg gentechnisch veränderte Maispflanzen ausgebracht. Das rund 700 Quadratmeter große Versuchsfeld wurde in der Nacht zum 5. August fast völlig verwüstet. Die betroffenen Firmen geben den Schaden mit vier bis zehn Millionen Mark an.

Jetzt wurde bekannt, daß die Staatsanwaltschaft Augsburg die Listen der 17.000 Einwender in ihre Ermittlungen miteinbezogen hat. Zahlreiche Gentechnik-Kritiker, die gegen die Freilandversuche Bedenken angemeldet haben, fühlen sich dadurch kriminalisiert, sehen darin einen eklatanten Verstoß gegen den Datenschutz. Der ermittelnde Staatsanwalt Reinhard Nemetz bestätigte, daß vom Robert-Koch-Institut Berlin die Einwenderlisten angefordert wurden. Das Institut ist seit der Auflösung des Bundesgesundheitsamtes Genehmigungsbehörde für Freisetzungsversuche. Das Vorgehen, so der Staatsanwalt, sei völlig rechtens. Es gehe darum, den Halter eines verdächtigen PKW zu ermitteln, und das hoffe man mit Hilfe der Einwenderlisten zu können. Es würden auch nicht alle Einwender überprüft. Wie das Verfahren allerdings genau ablaufe, könne er aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Auch die leitende Oberstaatsanwältin Wilma Riesenscheck rechtfertigte die derzeitige Fahndung: „Wenn wir nichts tun würden, würde man uns das auch vorhalten.“

Der bayerische Datenschutzbeauftragte Reinhard Vetter erklärte zu dem umstrittenen Vorgehen, er dürfe sich zu laufenden Ermittlungsverfahren nicht äußern. Solange die Staatsanwaltschaft tätig sei, bestehe für ihn keine Prüfberechtigung. Der Vorgang könne also erst nach Abschluß der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen überprüft werden. Klaus Wittmann