Sich selbst verprügelt?

■ Zwei Beamte des Knasts Tegel sollen Häftling mißhandelt haben / Beamte: Häftling hat auf sich selbst eingeschlagen

Wegen des Verdachts der schweren Mißhandlung eines kurdischen Gefangenen ist gegen zwei Bedienstete der Justizvollzugsanstalt Tegel ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Dies bestätigte der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Frank Thiel, gegenüber der taz. Einer von zehn Zeugen des Vorfalls in der Teilanstalt III hat laut Thiel gegen die beiden Beamten Strafantrag wegen Bedrohung, Körperverletzung und Falschbeurkundung im Amt gestellt.

Was sich am Abend des 10. Januar in der Zelle von Ertan G. genau abgespielt hat, ist strittig. Es existieren zwei extrem unterschiedliche Schilderungen des Vorfalls. Im Strafantrag des Gefangenen Reinhold G., der der taz vorliegt, gibt dieser an, gegen 18 Uhr laute Rufe um Hilfe aus der Zelle gehört zu haben. Als er zusammen mit einem anderen Häftling die von innen zugehaltene Tür aufgezogen habe, habe er gesehen, wie ein Beamter mit einem Stock auf den am Boden liegenden Ertan G. eingeschlagen und „Hose runter!“ geschrieen habe. Der zweite Beamte habe mit dem Ledergürtel von Ertan G. in der Hand „wild gestikuliert“ und versucht, ihn aus der Zelle herauszuhalten. Nachdem sich die Lage einigermaßen beruhigt habe, sei Reinhold G. in seine eigene Zelle zurückgekehrt. Wenige Minuten später habe er Ertan G. rufen hören: „Hilfe, die schleppen mich weg!“ Am gleichen Abend noch habe er die Kriminalpolizei sowie den Bündnis 90/Die Grünen-Abgeordneten Albert Eckert informiert.

Eckert erhielt wiederum vom Teilanstaltsleiter von Haus III, Herrn Auer, die Auskunft, die Anstalt hätte Hinweise auf ein Drogengeschäft Ertan G.s erhalten. Deshalb sei die Durchsuchung seiner Zelle veranlaßt worden, bei der man tatsächlich Drogen gefunden habe. Zu Schlägen sei es weder mit einem Stock noch mit einem Gürtel gekommen. Vielmehr habe einer der beteiligten Beamten ausgesagt, Ertan G. habe angefangen, auf sich selbst einzuschlagen, sobald er die anderen Gefangenen draußen vor der Zellentür hörte. Gegenüber der taz wollte Anstaltsleiter Klaus Lange-Lehngut dies aufgrund der „laufenden Ermittlungen“ nicht bestätigen. Zum derzeitigen Aufenthaltsort Ertan G.s gibt die Anstaltsleitung keine Auskunft. Reinhold G. vermutet, er sei auf die sogenannte „Dealerstation“ gebracht worden. Auch die Senatsverwaltung für Justiz hüllte sich zu dem Vorfall in Schweigen. Die Version des Justizbediensteten hält Eckert jedoch für wenig wahrscheinlich, da er den Gefangenen Reinhold G. als „offen und ehrlich“ kenne und keinen Grund habe, an dessen Angaben zu zweifeln. Auf seine schriftliche Anfrage beim Justizsenat hin habe Staatssekretär Detlef Borrmann lediglich geantwortet, es gebe keine Anhaltspunkte für ein „pflichtwidriges Verhalten“ der beiden Beamten. Eckert: „Die Justizverwaltung will vertuschen.“ Er fordert weiter die genaueste Aufklärung des Vorfalls und gegebenenfalls „straf- und disziplinarrechtliche Konsequenzen“. Tanja Hamilton