Unterm Strich

Der Mordversuch vom 14. Oktober vergangenen Jahres an Nagib Mahfus, dem ägyptischen Schriftsteller und Nobelpreisträger, steht möglicherweise doch nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gamaa al-Islamyia, jener militanten islamischen Gruppierung, die Präsident Sadat sich im Kampf gegen die Linke zunutze zu machen versuchte, und die heute offen gegen seinen Nachfolger Mubarak kämpft. Das ergaben Nachforschungen des New Yorker, die hauptsächlich auf ausführliche Interviews mit Scheich Omar Abdel Rahman, dem in New York inhaftierten spiritual leader der Gamaa al-Islamyia (sie wird für den Sprengstoffanschlag auf das World Trade Center verantwortlich gemacht) zurückgehen. Rahman streitet ab, jemals eine Fatwa gegen Mahfus ausgesprochen zu haben. Der New Yorker geht so weit, selbst die Echtheit eines im Fernsehen gesendeten „Bekennerbriefs“ der Organisation zu bezweifeln. Wer aber soll das Attentat dann begangen haben? Ein „Einzeltäter“? Jemand, der Mahfus' Buch „Die Kinder unseres Viertels“ „selbsttätig“ als Gotteslästerung gelesen hat. Mahfus selbst meinte in einem Interview hierzu, verantwortlich zu machen sei letztlich „das System, nicht der junge Mann. Der, der mich angegriffen hat, wußte nichts von den ,Kindern unseres Viertels‘“. Er hatte das Buch nicht einmal gelesen“.

Niemals zuvor sei Buster Keaton so gewürdigt worden, wußte die Keaton-Witwe Eleanor am Freitag abend anläßlich der Verleihung der Berlinale-Kamera an sie sehr amerikanisch grazil und wohlgesetzt zurückzuwürdigen. Wäre er noch am Leben, würde ihn die Auszeichnung begeistern, so die 80jährige Ex-Schauspielerin, die nicht nur Keatons, sondern auch ihrer eigenen Arbeit im Filmgeschäft wegen die Auszeichnung erhielt (so jedenfalls Berlinale-Chef de Hadeln) und in Los Angeles seit mehreren Jahren Hunde für Filmauftritte trainiert (unter anderem einen Bernhardiner für den Film „Ein Hund namens Beethoven“). Daß Buster Keaton in den USA ein wenig in Vergessenheit geraten ist, war Eleanor Keaton außerdem Anlaß zu einem sublimen Kompliment an die europäischen Ausrichter: „Amerikaner sind bekannt dafür, vergeßlich zu sein.“

Der im internationalen Vergleich seit dem modischen Verblassen des sogenannten Yuppie (Sie erinnern sich) ziemlich zu-

rückgefallene Modeschöpfer Giorgio Armani (in den Kudamm-Läden kriegt man die Anzüge mittlerweile für schlappe 1.000 nachgeschmissen) sorgt unterdessen mit der Ankündigung der Gestaltung eines Raums im Rahmen einer im April im Berliner Martin- Gropius-Bau im wiederum größeren Rahmen des 100jährigen Filmjubiläums startenden Ausstellung zum Thema „Marlene Dietrich und die Mode“ noch einmal für etwas Glamour. „Armani wird dabei seine eigenen Kreationen, die inspiriert und beeinflußt sind von der Mode Marlene Dietrichs, präsentieren“, heißt es in einer Pressemitteilung der Ausstellungsmacher. „Seinen Entwürfen stellt er ausgewählte Kleidungsstücke und Accessoires, die Marlene Dietrich zu verschiedenen Anlässen getragen hat, gegenüber“. Eine gute Tat ist's außerdem noch: Armani unterstützt die Restaurierung des Dietrich-Kleidernachlasses mit einem wesentlichen finanziellen Beitrag.

Den ihr unübersehbar in Gesicht und Statur geschriebenen Kater wußte die eben an den Produktionsschreibtischen vorbeitaumelnde Kollegin Bascha Mika mit dem Hinweis zu entschuldigen, sie sei gestern abend auf einer „Beatles“-Fete gewesen. Daß das Zauberwort „Beatles“ heute offenbar alles rechtfertigt, sogar die bewußte Herstellung oder Inkaufnahme verminderter Arbeitsfähigkeit (bei vollem Lohnausgleich!), nehmen wir wiederum zum Anlaß, Sie, falls es Ihnen nicht ohnehin aufgefallen sein sollte, auf einen neuen Beatles-Boom aufmerksam zu machen. Nicht nur das Doppelalbum „Live at the BBC“, das überall, auch auf diesen Seiten, mit Besprechungen bedacht wurde (und nicht mal zu Unrecht), toppt die Charts, auch Rundfunkmoderator Elmar Hörig hat ein Büchlein mit Beatles-Erinnerungen und -Aphorismen vollgeschrieben – das wir garantiert nicht besprechen werden. Nicht mit dieser Eindeutigkeit läßt sich das von Mark Hertsgaards „The Beatles. Die Geschichte ihrer Musik“ sagen, das Anfang nächsten Monats erscheinen wird (Hetsgaard hatte als erster Outsider Zutritt zu den Beatles-Archiven in den Abbey Road Studios – schauder!!!). Außerdem wird es im BBC-Fernsehen eine Beatles-Forever-Serie geben, Titel: „The Long And Winding Road...“ (jaja...).

Aber es gibt Konkurrenz! Das britische Musical- Busineß brummt und brummt und brummt... Andrew Lloyd Webber hat nach Informationen des britischen Independent allein mit drei Produktionen („Cats“ und „Phantom der Oper“ in Hamburg, „Starlight Express“ in Bochum) in Deutschland 1994 umgerechnet etwa 2,5 Milliarden Mark eingespielt. In 20 Ländern gibt es mittlerweile 32 Produktionen mit Webber- Werken. Hierzulande wie auch in der Schweiz soll es im Herbst zu Zusatzhallen in Autobahnnähe kommen (geplant sind Frankfurt und Basel). Die Firma, die das alles betreibt, gehört Lloyd Webber selbst und trägt den schönen Namen „Really Useful Group“.