Grüne Einheitsstiftung

Länderrat von Bündnis 90/ Die Grünen verabschiedet Fusion der Einzelstiftungen  ■ Aus Kassel Jürgen Gottschlich

Zumindest in der Einschätzung des Länderrates der Bündnisgrünen bewiesen die Frauen der feministischen Stiftung „Frauen-Anstiftung e.V.“ ihren Sinn für Realitäten. In ihrer bereits vor Beginn der Veranstaltung verteilten Presseerklärung stellten sie fest: „Feminismus und Frauenrechte – Backlash auch in der neuen Stiftungskonstruktion“. Tatsächlich schmetterte der Länderrat, das oberste Parteigremium zwischen den Parteitagen, am Samstag nachmittag mit erstaunlicher Einmütigkeit nahezu alle Forderungen der Feministinnen ab.

Weder soll es in der neuen Stiftung einen Frauenrat als eigenständiges Gremium geben, noch wird den Frauen satzungsrechtlich zugestanden, daß 50 Prozent aller künftigen Mittel für Frauenzusammenhänge, über die dann eben auch nur Frauen entscheiden, reserviert werden. Statt dessen stimmten die Delegierten dem Vorschlag des Bundesvorstandes zu, innerhalb der neuen Stiftung ein autonomes feministisches Institut zu gründen, was die Aktivistinnen der „Frauen-Anstiftung“ als ein unwillkommenes Danaergeschenk empfinden.

Auch in den anderen Streitpunkten räumten die Delegierten den Weg für eine neue parteinahe bündnisgrüne Stiftung frei. Seit anfang November hatten VertreterInnen von Partei und der Frauen- Anstiftung, der Heinrich Böll-Stiftung und von Buntstift e.V. über die Grundlagen einer neuen fusionierten Stiftung diskutiert. Als Ergebnis legte der Bundesvorstand dem Länderrat eine Beschlußvorlage auf den Tisch, gegen die zumindest zwei der drei Einzelstiftungen noch erhebliche Einwände hatten. Im Gegensatz zu der Frauen-Anstiftung setzte Buntstift sich in einem entscheidenden Punkt durch. Der regionale Ansatz soll auch in der neuen Stiftung eine zentrale Rolle spielen, die Delegierten stimmten dem Antrag zu, daß grundsätzlich in jedem Bundesland eine Landesstiftung erhalten bleiben soll, die auch die notwendigen Mittel aus dem Stiftungshaushalt bekommt.

Nach diesem Zugeständnis an den Föderalismus ließ der Länderrat in weiteren Standortfragen allerdings nicht mehr mit sich handeln. Statt den Bestand der im Moment existierenden Stiftungsniederlassungen in Köln (Böll), Hamburg (Frauen-Anstiftung), Göttingen (Buntstift) und Dortmund für den Dachverband Regenbogen zu garantieren, votierte eine große Mehrheit für einen zentralen Sitz der neuen Stiftung. Offen blieb, wo dies letztlich sein soll, aus naheliegenden Überlegungen ist aber entweder Berlin oder Frankfurt im Gespräch.

Heftige Debatten im Vorfeld hatte es um den Einfluß der Partei auf die neue Stiftung gegeben. Erneut betonten alle deren Unabhänigkeit, allerdings ganz aus den Augen verlieren will der Bundesvorstand die neue Stiftung nicht. Das gilt vor allem für die Übergangszeit von einem Jahr, bis die Stiftungsreform abgeschlossen sein soll.

Noch bis vor wenigen Tagen hatte die Partei auf die Hälfte der Sitze in der Übergangsmitgliederversammlung bis Februar 96 gepocht. Die Stiftungen waren bereit, maximal ein Viertel zuzugestehen. Heraus kam nun ein komplizierter Kompromiß, nach dem die Stiftungen 15 Sitze, Partei- und bündnisgrüne Bundestagsfraktion 7 Sitze bekommen und weitere 8 an unabhängige Personen vergeben werden, für die die Partei und Fraktion zwar das Vorschlagsrecht haben, die aber von den VertreterInnen der Stiftungen gewählt werden müssen.

Überhaupt hängt der Fortgang des Reformprozesses nun noch einmal ganz entscheidend von den drei existierenden Stiftungen ab. Die müssen auf ihren Mitgliederversammlungen beziehungsweise auf einer gemeinsamen Versammlung, zu der jede Einzelstiftung fünf VertreterInnen delegiert, den Beschlüssen des Länderrats zustimmen. Davon will die Partei abhängig machen, ob sie die Bundestagsfraktion beauftragt, im Haushaltsausschuß des Bundestages die Mittel für ihre Stiftungen zu beantragen oder aber auch nicht. Doch der Teufel steckt im Detail. Aus satzungsrechtlichen Gründen kann die entscheidende Mitgliederversammlung der drei Einzelstiftungen, bei der sie ihre Auflösung beschließen sollen, erst Anfang April stattfinden. Die Entscheidungen im Haushaltsausschuß fallen jedoch bereits im März. Stellt sich nur eine der drei Stiftungen quer, ist die Reform gescheitert – bis zu den Haushaltsberatungen 1996.