Van Nispen verläßt die FDP

■ Harte Kritik an Parteiführung und Senator Claus Jäger / Kein Rücktritt

Die Bremer FDP gerät immer mehr zum Anhängsel der CDU. Ihr Wirtschaftssenator Jäger ist eine Zumutung für den ganzen Senat. In der FDP werden noch nicht einmal die Grundregeln menschlichen Anstands berücksichtigt. Der Ausstieg aus der Ampelkoalition wurde lange geplant, dann aber ohne demokratische Meinungsbildung von einer Führungsclique der Partei durchgezogen. Und Besserung ist nicht in Sicht.

So drastisch hatten selbst politische Gegner den Zustand der Bremer FDP bisher nicht geschildert. Gestern tat das Innensenator Friedrich van Nispen und erklärte seinen Austritt (vgl. Dokumentation und S.4). Innensenator will er allerdings bis zu den Neuwahlen bleiben – und womöglich sogar als parteiloses Mitglied des Senats auch darüber hinaus. Das jedenfalls wollte er gestern nicht ausschließen.

„Ich habe Herrn van Nispen vertraut und muß feststellen, daß das nicht berechtigt war“, erklärte der FDP-Landesvorsitzende Manfred Richter anschließend. Und van Nispens Senats-Kollege Claus Jäger sprach von einer „maßlosen politischen Enttäuschung“. Schließlich habe er seit van Nispens Herzinfarkt im vergangenen Jahr „immer versucht, ihm zu helfen“.

Doch genau in dieser Einstellung liegt offenbar einer der Hauptgründe für das schwere Zerwürfnis zwischen den beiden FDP-Senatoren. Waren sie schon vor Beginn der Ampelkoalition persönlich nicht gerade befreundet, nahm die Feindschaft im Lauf des vergangenen Jahres zumehmend drastische Formen an. Immer wieder nämlich hatte Claus Jäger sich im Senat im Alleingang zum FDP-Sprecher gemacht und van Nispen dabei selbst in Fragen, die ausschließlich dessen Innenressort betrafen, bevormundet.

So war es zum Beispiel Jäger, der einen längst zwischen Fücks und van Nispen ausgehandelten Kompromiß für den Umzug der Weidedamm-BewohnerInnen nach Bremen-Nord im Senat torpedierte und damit in letzter Minute fast noch verhindert hätte. Großen Ärger hatte Jäger bei van Nispen im vergangenen Jahr ausgelöst, als er im Senat ohne Rücksprache ein Veto der FDP für den Fall ankündigte, daß der Staatsrat im Bauressort, Jürgen Lüthge, ein zweites Mal auf Platz eins der Bewerberliste für den Chefsessel der Gewoba kommen würde. Umgekehrt stimmte Jäger gegen den entschiedenen Einspruch von van Nispen der Berufung des Ex-Staatsrats Manfred Meyer-Schwinkendorff zum Bremen-Vertreter bei der EU in Brüssel zu. Zum Teil tat Jäger das in Vertretung des abwesenden van Nispen, den er zudem während seines Herzinfarktes kein einziges Mal im Krankenhaus besuchte.

Beim Bruch der Ampelkoalition hatte van Nispen allerdings den wichtigen Entscheidungen durchaus persönlich zugestimmt – zum Beispiel, als FDP-Fraktions- und Landesvorstand am vergangenen Montag die Rücktrittsforderung an Umweltsenator Fücks verfaßten. Und auch die von SPD und Grünen als Aufkündigung der Koalition gewertete Absage einer Sitzung des Koalitionsausschusses am gleichen Abend trägt die Unterschrift von van Nispen. Ase