Notverwaltung sorgt für verfallene Häuser

■ Über 20.000 Wohnungen werden nicht mehr vermietet oder instand gehalten / Baustadtrat droht Besetzungen an

Fünf Jahre nach der Wende stehen im Prenzlauer Berg wieder Verfall und Leerstand auf der Tagesordnung. Von etwa 40.000 Wohnungen der Wohnungsbaugesellschaft Prenzlauer Berg (WIP) befindet sich nur knapp die Hälfte unter „normaler“ Verwaltung. 8.500 Wohnungen werden dagegen von der WIP in „Notverwaltung“ oder „Pflegschaftsverwaltung“ nur noch „betreut“. In 12.000 Wohnungen in restitutionsbefangenen Häusern werden künftig, so die WIP in einem Schreiben an die Mieter, nur noch „Reparaturen zur Verkehrssicherung und zur Beseitigung erheblicher Bauschäden“ vorgenommen.

Besonders betroffen sind jene ehemals staatlich verwalteten Häuser, die laut Vermögensrecht bereits seit Januar 1993 rückübertragen wurden, deren Alteigentümer sich allerdings bis heute beharrlich weigern, die Verwaltung zu übernehmen oder mit der WIP einen Verwaltungsvertrag zu unterzeichnen. Der Grund: Erbengemeinschaften sind zerstritten und viele Eigentümer „arisierter“ Grundstücke warten erst einmal auf den Bescheid der Vermögensämter, ob sie tatsächlich im Besitz der Häuser bleiben.

Die Folgen sind alarmierend. Insbesondere die „betreuten“ Wohnungen werden nur noch mit dem Vermerk weiter„vermietet“, daß der Mietvertrag mit der WIP als Notverwalterin abgeschlossen sei. Inwieweit ein solcher Vertrag bei einer späteren Übernahme des Grundstücks Bestand hat, ist bislang nicht geklärt. Grund für diese Praxis der WIP ist ein Räumungsurteil des Amtsgerichts Mitte, in dem der Gesellschaft das Recht abgesprochen wurde, als Notverwalterin eines Mietshauses in der Schönhauser Allee einen Mietvertrag auszustellen. Mittlerweile stehen 18 notverwaltete Gebäude mit 170 Wohnungen völlig leer.

Aber auch in den restitutionsbefangenen Häusern wächst der Leerstand. Der Grund: Seit dem umstrittenen „Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz“ müssen die Wohnungsbaugesellschaften seit Juli 1994 bei Häusern mit Rückgabeanspruch sämtliche Ausgaben grundstücksbezogen abrechnen. Mittel können nicht mehr umgeschichtet werden, freiwerdende Wohnungen werden nicht weitervermietet, weil das Geld für die Instandsetzung fehlt.

Zwar hat der Geschäftsführer der WIP, Stefan Grzimek, den Eigentümern der notverwalteten Häuser bereits angedroht, sie nötigenfalls zur Übernahme ihres Eigentums zu zwingen. Ein Druckmittel freilich fehlt. Und auch der Senat, der dem „Entschädigungs- und Ausgleichsgesetz“ zugestimmt hatte, ohne angeblich zu wissen, was auf die Mieter zukommt, reagierte bislang nicht auf die Forderungen, im Notfall treuhänderische Verwalter einzusetzen.

Rosige Aussichten also für die Ostberliner Mieter. Weniger Probleme als mit Reparaturen und Vermietungen wird es im Sommer wahrscheinlich mit dem Übergang in die Vergleichsmiete und einer Mieterhöhung um 20 Prozent geben. Angesichts dessen, klagt der Baustadtrat von Prenzlauer Berg, Matthias Klipp, „helfen vielleicht nur noch Besetzungen, um die Verantwortlichen auf diese Probleme aufmerksam zu machen“. Uwe Rada