■ Angela Merkels Verteidigung der „Castor“-Transporte
: Wiederholung ist wahrheitsfördernd

Seit Angela Merkel ins Bonner Umweltressort wechselte, streitet sie für die Inbetriebnahme des Gorlebener Zwischenlagers – zuletzt mit einer abstrusen Maulkorb-Weisung gegenüber Niedersachsen. Das Bundesland soll verpflichtet werden, vor Gericht, also gegenüber niedersächsischen Bürgern, Sicherheitsmängel zu verschweigen und statt dessen allein Merkels Alles-in-Ordnung-Rechtsauffassung zu vertreten. Wenn sich die Bundesumweltministerin allerdings öffentlich zum Castor-Streit äußert, spricht sie nur ungern über die in Gorleben geplante Zwischenlagerung. Sie redet lieber über Atommülltransporte im allgemeinen. Schon ein dutzendmal mußten wir nun von Merkel hören, daß der Castor-Transport von Phillipsburg nach Gorleben nur eine von vielen Lieferungen sei, wie sie alle naselang in der Bundesrepublik stattfinden. Daß gegen andere Transporte schließlich auch niemand vehement protestiere. Daß auch aus niedersächsischen AKWs immer wieder abgebrannte Brennelemente abtransportiert werden.

Anfangs hatten wir Angela Merkel sogar abgenommen, daß sie den Konflikt um den Gorleben-Castor einfach nicht versteht. Schließlich muß man als frischgebackene Umweltministerin den Unterschied zwischen einem Castor IIa, wie er in Philippsburg steht, und einem Castor-S-1, wie er etwa zum Transport von Brennelementen nach La Hague verwendet wird, nicht kennen. Die Transportbehälter werden am Zielort umgehend wieder ausgepackt. Der Castor IIa soll jedoch vierzig – manche CDU-Politiker sagen gar hundert – Jahre im Gorlebener Zwischenlager stehenbleiben.

Mit der Ankunft des ersten Behälters dieses Typs in Gorleben würde die Bundesrepublik in die faktisch unbefristete Dauer-„Zwischen“-Lagerung des Atommülls einsteigen. Auf dieses für die AKW-Industrie billigste „Entsorgungs“-Konzept setzt im übrigen auch der niedersächsische Ministerpräsident Gerhard Schröder. Vor das Bundesverfassungsgericht will er denn auch gegen Merkels Maulkorbweisung nicht ziehen.

Angela Merkel weiß natürlich um den Unterschied zwischen einem x-beliebigen Atomtransport und dem Einstieg in ein neues Konzept der Entsorgung, das diesen Namen nicht verdient. Schließlich hat sie letzthin für Süddeutschland den Bau weiterer externer Zwischenlager à la Gorleben gefordert. Wenn sie dennoch weiterhin behauptet, der Transport nach Gorleben sei nur eine unter vielen Atommüllieferungen, folgt sie schlicht einer Grundregel der politischen Propaganda. Die Regel lautet: Man muß eine unrichtige Behauptung nur oft genug wiederholen, damit sie geglaubt und am Ende für wahr gehalten wird. Jürgen Voges