Stümperei oder gutes Omen?

■ Mit 90minütiger Verspätung öffnete gestern der HSV-Fan-Laden seine Pforten / Zwischen Kaffeebechern und Kondomen saß Clemens Gerlach

Die Konkurrenz ist schier erdrückend. Direkt neben dem neuen Medienzentrum an der Rothenbaumchaussee, eine moderne Stahl-Glas-Konstruktion, liegt das HSV-Fan-Center, welches gestern nachmittag eröffnet wurde. Ein flaches Gebäude ist es, mit einer ganz in weiß gehaltenen Fassade und einer breiten Fensterfront, damit man gut in den 60 Quadratmeter großen Verkaufsraum schauen kann. Die Rahmen sind rot, und früher wurde es als Jugendraum genutzt oder bei Regionalligaspielen für Pressekonferenzen. Seit Freitag ist es das Hauptquartier der HSV-Operation Merchandise – jener schmucklose, man kann auch sagen: häßliche Kasten, der so viel architektonischen Charme und bauliche Lebensfreude versprüht wie eine zu einem Getränke–shop umfunktionierte Tankstelle.

Doch der HSV will mit dem Shop ja auch keine gestalterischen Akzente setzen, sondern, so Marketing-Chef André M. Klöpper, „den Verkauf von Fanartikeln in die eigene Hand nehmen“. Sollen dabei zweistellige Millionenbeträge rausspringen wie beim „Vorreiter“ Bayern München muß der HSV noch einiges zulegen. Am Eröffnungstag hakte so manches. Um 13 Uhr sollten sich die Türen öffnen, doch zu diesem Zeitpunkt war noch die gesamte Geschäftsstelle damit beschäftigt, die schwarzen Wandregale zusammenzufriemeln. Statt „was kostet der HSV-Senf?“ hieß es „wo ist der Schraubenzieher?“ oder „gib mal den Tucker rüber!“

Die Fans drückten sich derweil an den Scheiben die Nasen platt, sofern sie nicht in einem umgebauten Linienbus, dem Info-Mobil, Bier (1 Mark 50) trinken waren. Das dürfen sie im Volksparkstadion nämlich nicht. Bei den Ausharrenden rief die Verzögerung unterschiedliche Reaktionen hervor. Vom gelassenen „nicht so schön“ bis zum drastischen „stümperhaft“ reichte die Palette. Das fand Meister Klöpper gar nicht. „Unser Lieferant hat uns mit den Regalen in Stich gelassen“, warf er dem unzuverlässigen Tischler den Fehde-Hammer zu, „der sollte um zehn Uhr aufbauen.“ Tat der aber nicht, was Kurt Emmerich nicht weiter irritierte. „Guter Wille war vorhanden“, erkannte der Pressesprecher, um sich daraufhin als Bausachverständiger zu empfehlen, „das passiert bei vielen Neubauten“. Als „Spontanmaßnahme“ (Klöpper) sei man dann zu einem schwedischen Möbelhaus gefahren, habe dort ein paar Regale gekauft und „alles weitere sehen Sie jetzt“.

Um 14.30 Uhr, mit 90minütiger – ein Zeichen! – Verzögerung, durften die Anhänger den neonröhrenverstrahlten schwarz-roten Teppichboden endlich betreten. Masseur Hermann Rieger stand zum Signieren bereit und gegen kurz nach drei auch der verletzte Stürmer Karsten Bäron. Kritisch wurden die Produkte – es gab am ersten Tag 30 Prozent Rabatt – einer ersten Prüfung unterzogen, der die Kaffeebecher (10 Mark 50), Kugelschreiber (3 Mark 50), Kondome („Mit HSV groß in Form“) und was sich sonst noch mit dem Vereins-Emblen versehen ließ, standhielten. „Hat am Ende ja doch noch alles gut geklappt“, war auch Klöpper ruhiger geworden. Nicht ganz: Das Autogrammkartenset für 12 Mark 60 (noch mit Sergio Zarate) und die „Schläger-Mütze Volksparkstadion“ waren die absoluten Ladenhüter.