„Jede Frau ist eine Quotenfrau“

■ Bremer Professorin organisiert Fachtagung für Juristinnen an Hochschulen

Prof. Dr. Ursula Rust, Organisatorin der Fachtagung (s.Kasten), ist seit 1992 Professorin für das „Recht der Geschlechterbeziehungen“ an der Universität Bremen.

taz: Ihre Professur ist bundesweit die einzige „Frauenrechtsprofessur“. Was bedeutet das?

Ursula Rust: Die Professur ist eingerichtet worden mit dem Schwerpunkt ,Rechtliche Arbeitsbedingungen von Frauen–, inklusive theoretischer Neukonzeptionen vom Recht. Damit ist die Stelle interdisziplinär. Wenn ich um die Auswirkung von Recht wissen will, brauche ich die Kenntnis der Soziologin. Die Stelle ist auch insofern übergreifend, als sie nicht nur jeweils Straf-, Arbeits-, Familien- oder Verfassungsrecht untergeordnet ist, sie geht vielmehr über die Einzeldisziplinen der Juristerei hinaus.

Die Inhalte sind Bestandteil des Curriculums?

Wir haben verankert, daß die geschlechtsspezifischen Inhalte des Rechts Gegenstand der Lehre sind. Wie das konkret zu laufen hat, muß für jeden Bereich definiert werden. Auch der familienrechtliche oder völkerrechtliche Kollege hat sich zu überlegen, was er für geschlechtsspezifische Fragen thematisieren will. Das Konzept ist keinem gesonderten Bereich zugeordnet, es gehört überall rein, und es wird überall geprüft.

Die Jurisprudenz unterliegt allgemein einem Objektivitätsideal. Was nützen uns mehr Professorinnen?

Da, wo Professorinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen sind, gibt es auch gezielte Forschung. Wir haben beispielsweise neue Rechtsinstitute, die beinhalten, daß Frau und Mann das gleiche Recht haben. Aber ist es nicht vielleicht so geregelt, daß nur Männer das Recht nutzen können? Dieses Problem wurde vornehmlich von Juristinnen in die Diskussion gebracht.

Ändert sich die Rechtsprechung durch mehr Frauenpräsenz?

Für die Justiz wird das gerade erforscht. Hinsichtlich der Wissenschaft setze ich darauf, daß Frauen Probleme artikulieren, die ihren Lebensalltag betreffen.

Gibt es ein Netzwerk bei den Juristinnen?

Die Vernetzung haben wir traditionell für die Justiz durch den Juristinnenbund, seit den 80er Jahren mit der feministischen Rechtszeitschrift „Streit“ und dem Feministischen Rechtsinstitut. In der Wissenschaft steht diese Vernetzung noch in den Anfängen.

Warum bleiben so wenig Frauen an den Hochschulen?

Neben dem, was Frau Limbach nannte, spielen die Hochschulbedingungen eine Rolle, die länderbezogen unterschiedlich sind. In Berlin, Hamburg, Hessen und in Bremen haben wir hochschulrechtlich ein gutes Rüstzeug. Dennoch kann bei einer drastischen Unterrepräsentation von Frauen und stetigen Bemühungen, dies zu verändern, es notwendig sein, eine Stelle nurmehr für eine Frau auszuschreiben, auch wenn das verfassungsrechtlich umstritten ist.

Befürchten Sie nicht die Stigmatisierung als Quotenfrau?

Da kann ich nur mit Jutta Limbach antworten: Jede Frau, die auf einem höheren Posten sitzt, ist eine Quotenfrau, ob sie es will oder nicht. Fragen: Dora Hartmann