Sanssouci: Vorschlag
■ Mit Wassereimer und Snaredrum: Trilok Gurtu Band im SFB
Vor über zwanzig Jahren spielte er in Paris Hendrix-Titel auf zwei Tablas, aber es kümmerte damals noch kaum einen, daß man in Bombay auch schon mal von Otis Redding und Sly Stone gehört hatte. Vor der Frankfurter Hauptwache machte er an die 40 Mark pro Tag, hockend mit einem Becher. Aber das war nun auch nicht gerade das, was er wollte. Ethno-Jazz und Avant-Pop waren zu der Zeit zwar noch nicht erfunden, aber für eine klassische indische Musiker-Karriere – seine Mutter und ihr Vater waren auf diesem Weg zu nationalem Ansehen gelangt – kam er etwas zu spät. Gurtu, 1951 in Bombay geboren, verließ 1976 seine Heimat ein zweites Mal, jetzt in Richtung New York. Als er kurz darauf bei Don Cherry in Schweden anklopfte, in dessen Band er die folgenden zwei Jahre spielte, besaß er nichts außer zwei Tablas. Wenn er für Plattenaufnahmen und Konzerte engagiert wurde, mußte er sich die anderen Perkussionsinstrumente mieten. Seitdem hat sich einiges geändert im Leben von Trilok Gurtu, der seit Ende der siebziger Jahre in Deutschland lebt. Mittlerweile hat er einen deutschen Paß und bewohnt ein Haus mit Garten und Kleinfamilie in einem Hamburger Vorort.
Als der Perkussionist der Gruppe Oregon, Collin Walcott, vor elf Jahren nach einem Konzert in der Passionskirche auf der damaligen Transitstrecke bei einem Autounfall ums Leben kam, wurde Gurtu sein Nachfolger. Und jüngst passierte etwas, was bis dato für unmöglich gehalten wurde: Einer aus der sonst eher belächelten Sparte der Marke unknown foreign jazz artists from Europe wurde von den Kritikern der amerikanischen Zeitschrift Down Beat zum besten Perkussionisten des Jazzjahres 94 gekürt: Trilok Gurtu. Gerade hat Gurtu seine vierte CD unter eigenem Namen, „Believe“ (CMP), nachgeschoben, bei der als Gurtu- Neuzugang der Don-Byron- und Lost-Tribes-Gitarrist David Gilmore dabei ist. Im CMP-Doppelpack ist Gurtu heute mit Wassereimer, Cymbals, Hi-Hats, Snaredrum, Tom-Toms und Congas, Dhol-Trommeln und Tablas, Gongs, Klanghölzern und Kuhglocken zu Sounds zwischen Wald und Funk im Anschluß an ein CD-Release-Solo des Gitarristen David Torn („Tripped Over God“, CMP) zu erleben. Christian Broecking
Morgen, 20 Uhr, SFB, Großer Sendesaal, Masurenallee 8–14, Charlottenburg
Trilok Gurtu Foto: Detlev Schilke
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