: Schwarz und Weiß, schweigend vereint
■ Eine „Wahrheitskommission“ soll die Vergangenheit aufarbeiten. Aber die Ergebnisse werden geheimgehalten. Nicht einmal die Opfer werden informiert.
George Fivaz' Vater, so wird in Polizeikreisen gemunkelt, verkehrte einfach nicht in den richtigen Clubs. Da konnte sich der Sohn lange bei der Security Police bewerben, der politischen Sonderpolizei des Apartheid-Regimes, so einer wurde nicht eingelassen. Heute kann der 49jährige froh sein über die einstige Demütigung: Da er eine weiße Weste hat, konnte er zum neuen Polizeichef Südafrikas ernannt werden.
Schon vor Mandelas Amtsantritt als Präsident im letzten Mai war Fivaz in die Goldstone-Kommission eingetreten, die sich um Aufklärung der politischen Gewalt in Südafrika bemühte (Goldstone ist heute Chefankläger im Haager Kriegsverbrechertribunal). In der Kommission deckte Fivas die Aktivitäten der sagenumwobenen „Dritten Kraft“ auf, einer Abteilung der Security Police, die die Gewalt zwischen ANC und Inkatha schürte, um den Demokratisierungsprozeß zu sabotieren.
Doch damit soll es jetzt genug sein, wenn man Fivaz glaubt: „Ich habe meinem Minister, dem Präsidenten und den Vizepräsidenten immer wieder gesagt: Ich will meine Energie nicht damit verschwenden, mich auf die Vergangenheit zu konzentrieren. Die Vergangenheit wird nie wieder wichtig sein – es sei denn, als Lektion für etwas, das nie wieder passieren darf.“
„Besinnung auf die Zukunft“ nennt das die südafrikanische Wochenzeitung Weekly Mail.
Die Security Police wurde längst aufgelöst. Hohe Polizeioffiziere, die in der Sondereinheit eine Rolle spielten, treten nun zurück, weil sie keine Hoffnungen mehr auf eine weitere Karriere haben. Doch was sie getan haben sollen, bleibt im dunkeln.
Und dies scheint völlig im Sinne von Mandelas Regierung zu liegen. Schon während der Wahl im April 1994 hatte der Präsident erklärt: „Was war, ist vergeben und vergessen.“ Deshalb soll nun zwar eine Wahrheitskommission die südafrikanische Vergangenheit aufarbeiten, aber die Ergebnisse werden geheimgehalten. Nicht einmal die Opfer oder deren Angehörige werden informiert.
Dieses Vorgehen findet auch bei Vertretern des neuen Establishments von Südafrika Zuspruch. Kein Wunder, denn auch der ANC hat manchen Menschenrechtsverstoß zu verantworten. Wie ihre einstigen Gegner wollen heute auch Verteidigungsminister Joe Modise und sein Stab, die alle früher in der ANC-Untergrundarmee „Speer der Nation“ aktiv waren, die Vergangenheit am liebsten unter den Tisch kehren. Modise wird für Folterungen des ANC- Geheimdienstes an eigenen Anhängern im angolanischen Lager „Quatro“ verantwortlich gemacht. Mehrere ANC-Kämpfer, die der Spionage verdächtigt wurden, kamen in „Quatro“ ums Leben.
Wie leichtfertig der ANC mit der eigenen Vergangenheit umgeht, wurde just in der persönlichen Umgebung von Nelson Mandela deutlich. Einer seiner Leibwächter gehörte unter dem Decknamen „Jomo“ zu den Leuten, die als Mitverantwortliche für den Tod mehrerer Menschen in „Quatro“ genannt werden. Von seinem Posten als wichtigster Leibwächter von Nelson Mandela wurde „Jomo“ im Dezember allerdings erst entbunden, weil er in illegale Drogengeschäfte verwickelt gewesen sein soll. Willi Germund, Kapstadt
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