Columbo in Münster

■ "Und die Toten läßt man ruhen", um 19.25 Uhr im ZDF

Wohlhabende Privatdetektive sind selten. Wenn sie die Mördersuche nicht gerade als morbides Hobby betreiben, sehen die meisten Helden von Detektivgeschichten Reichtum höchstens durchs Schlüsselloch – gerade das macht sie ja so sympathisch. Selbst wenn sie den Fall lösen, haben sie selten viel eingenommen, dafür aber ihr Leben und ihre klägliche Karriere aufs Spiel gesetzt. Nicht anders ergeht es Georg Wilsberg alias Joachim Król.

Schlampig gekleidet, unausgeschlafen und manchmal auch verkatert steigt er täglich in sein schrottiges Käfer-Cabrio, um zu dem kleinen Briefmarken-Laden zu fahren, den er betreibt. Denn die Privat-Schnüffelei bringt wenig ein, und überhaupt sind ihm seit dem Entzug seiner Anwaltslizenz neben den Einkünften auch die Perspektiven verlorengegangen. Eines Tages betritt ein älterer Herr den Laden und spricht von einem Selbstmordfall aus dem Jahre 1979, der keiner gewesen sein soll. Daß der Mann in einer Nervenheilanstalt einsitzt, hindert den Detektiv zunächst nicht, den Auftrag anzunehmen, zumal der vermeintlich Irre gut bezahlt; und daß alle, die Georg befragt, ihm raten, „die Toten ruhen zu lassen“, motiviert ihn erst recht.

Gute Beziehungen zu Stadtrat und Polizei erleichtern ihm das Wühlen in verstaubten Akten, bis sich ihm ein herrlich konstruiertes Puzzle aus Affären, Ehekrieg und Kindheitstraumata, aus Umweltsünden, Bestechlichkeit und eben Mord zusammenfügt. Georg riskiert Kopf und Kragen, und so begeht er mit dem Mut der Verzweiflung auch den einen oder anderen Einbruch, um den Fall zu lösen und damit seine Haut zu retten.

Król besticht einmal mehr durch ein Mindestmaß an schauspielerischer Eitelkeit, und die Art, mit der er den hinterlistigen Narren zu geben pflegt, amüsiert, zumal ihn das Drehbuch mit humorigen Sprüchen versorgt, die er mal trocken, mal biestig vorbringt. Auch Karin Anselm, Heinrich Schafmeister und Hans-Martin Stier fügen sich in den Klüngelreigen nahtlos ein, während die Szenen, in denen die Kinder des Opfers ihr Trauma feilbieten, in ihrer Gequältheit deutlich herausfallen. Ansonsten bringt die Inszenierung reichlich Tempo in die doch recht verschlafene und als Krimischauplatz weitgehend vernachlässigte Westfalenmetropole Münster.

Man wäre sogar geneigt, den Columbo unter Deutschlands Fernsehdetektiven als Serienheld zu akzeptieren. Doch nachdem dieser Fall bereits die halbe Stadtverwaltung, Polizei und Bauwirtschaft der Stadt betraf, hättet man wohl zu befürchten, daß den künftigen Folgen wenig Stoff vergleichbaren Ausmaßes bliebe. Oliver Rahayel