Merkel mit dem Bleifuß

■ Bundesumweltministerin will Sommersmog-Verordnung vorlegen / Kein Tempolimit bei hohen Ozonwerten, sondern begrenzte Fahrverbote

Köln (dpa/AFP) – Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) hat die vom Bundesrat geforderten Tempolimits als Maßnahme gegen Sommersmog abgelehnt. Die CDU-Politikerin kündigte an, noch im Frühjahr dem Kabinett eine bundeseinheitliche Smogverordnung vorzulegen. Am Freitag hatte die Ländervertretung auf Initiative mehrerer SPD-regierter Länder einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht.

Der Kölner Zeitung Sonntag- Express sagte Merkel: „Ein Tempolimit wird nicht Inhalt der Verordnung sein, weil es nichts bringt, wie Versuche im Raum Heilbronn bewiesen haben.“ Im vergangenen Sommer hatte dort ein regional begrenzter Versuch stattgefunden. In Hessen, wo es angesichts extremer Ozonwerte schon im letzten Jahr Fahrbeschränkungen gab, hatten sich durch strenge Tempolimits die Werte senken lassen. Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) sekundierte seiner Kabinettskollegin und wandte sich gegen feste Geschwindigkeitsbegrenzungen.

Der Sommer 1995, so muß man hoffen, sollte am besten verregnet sein. Denn die neue Smogverordnung solle Merkel zufolge erst von Juli 1996 an gelten. Der BUND betonte jedoch, so lange könne nicht gewartet werden. Denn sonst trete wieder die Situation ein, „daß wir unsere Kinder in die Garagen sperren, während die Autos frei fahren dürfen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Umweltverbandes, Ralf-Uwe Beck. Einer Studie zufolge gehe bei Tempo 100 auf Autobahnen der Ausstoß von Stickoxid, einer Vorläufersubstanz des Ozons, um 20 Prozent zurück, so Beck weiter.

Die Umweltministerin sprach sich für einen Ozongrenzwert von 240 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft aus. Ab diesem Wert hätten die Bundesländer dann die Möglichkeit, in Ballungszentren ein Fahrverbot für Autos ohne Katalysator oder nicht schadstoffarme Dieselfahrzeuge zu verhängen. Entscheidend sei eine Absprache zwischen den Bundesländern, weil hohe Ozonwerte – etwa im Odenwald oder in Westfalen – auf den starken Autoverkehr im Rhein- Main-Gebiet beziehungsweise im Ruhrgebiet zurückzuführen seien. „Das heißt: Wenn ein Bundesland Alarm schlägt, muß eventuell in einem anderen Bundesland das Fahrverbot verhängt werden“, sagte Merkel.

Außerdem sprach sich Merkel für eine emissionsabhängige Kfz- Steuer aus. Ziel solle sein: Je weniger Lärm und schädliche Emissionen, desto geringer die Steuer. „Und die Steuer könnte noch weiter gesenkt werden, wenn ein Auto noch bessere Werte als die Euronorm II erreicht, die in der Regel für alle Neufahrzeuge gilt.“