■ Dokumentation
: „Mao, Macht, Müll“

Den SPD-Austritt der DAG-Fraktionsvorsitzenden in der Angestelltenkammer, Brigitte Dreyer, hat der Bremer SPD-Bundestagsabgeordnete, einstige Parteivorsitzende und Senator Konrad Kunick zum Anlaß genommen, in einem langen Brief mit der Rolle der Grünen in der Ampel-Koalition abzurechnen. Wir dokumentieren in Auszügen:

Liebe Brigitte, nicht, daß ich Dir das Recht absprechen wollte, Dich neu zu orientieren, anders zu engagieren oder wie auch immer. Nicht alle Bindungen müssen lebenslang halten, und gegen Einsicht durchgehaltene zeugen nicht von Charakterstärke. Schließlich beruht die Freiheitlichkeit des westlichen Systems auch in der Möglichkeit, Parteien den Rücken zu kehren. Nur im SED-Statut hieß es: „Die Mitgliedschaft endet durch Ausschluß oder Tod.“

Du darfst mir glauben, daß es mich schmerzt, wenn eine so kraftvolle und kampferprobte Frau wie Du uns verläßt. Hast Du mit Deinem Temperament etwa übersehen, daß Du vielleicht einigen eine Freude machst, die Du mit einem Austritt aus der SPD eigentlich betroffen machen wolltest? Eigentlich hatte ich erwartet, daß Du Dich im kommenden Bürgerschaftswahlkampf lautstark mit den Genossinnen und Genossen engagiert hättest, die darauf hinweisen können, daß sie schon sehr früh gewarnt haben vor Wegen, die nun mit dem Verfassungsverstoß des grünen Oberstrategen enden.

Die Erfolge der Koalition wie die Rettung von Klöckner und die großartigen Wohnungsbauzahlen haben ja mit der Koalition und speziell mit den Grünen nur so viel zu tun, daß durch ihre Einbindung sie gehindert worden sind, ihre Gegnerschaft gegen Veränderungen voll auszuleben. Was sogar so weit geht, daß Fücks die Plastikverbrennungen bei Klöckner zuläßt und den Weidedamm mit räumt. Die Lehre bei Maotsetung wirkt halt lebenslang und verleiht Überlegenheit nicht nur im Kabinettskampf, sondern auch in der Veränderung früherer Zielsetzungen der grünen Partei..

Und neben den organisatorischen Unfähigkeiten beim Müll dann die unglaubliche Zickzackfahrt, die alle Nachbeter ins Schwitzen bringt. Von der Forderung nach Müllkompostierung über Restmüllverbrennung zur Entdeckung der ökologischen Gleichwertigkeit des Müllverbrennungsverfahrems! Ich verstehe ja, daß Dir die Hutschnur platzt, wenn Du manche Ideologielämmlein siehst, die bisher einem solchen Schalmeienspieler geglaubt haben! Übrigens habe ich hier in Bonn erfahren, daß die mecklenburg-vorpommerschen Umweltschützerdie Auslaufgewässer der mecklenburgischen Häfen in Brüssel zu Vogelschutzgebietem gemacht haben. Und das spricht doch wohl dagegen, daß die bremische Vogelschutzanmeldung etwas anderes war als der bremische Länderbeitrag einer koordinierten Politik!

All dies wären gute Gründe, auf eine solide Orientierung der SPD zur Bewältigung der schweren Aufgaben der kommenden Periode hinzuarbeiten. Das geht bei uns allemal besser als in den Parteien und Clubs der beiden Sparkassendirektoren, die täglich den Satz beweisen: „Schuster, bleib bei Deinen Leisten!“ Kudella und Co sind doch wirklich nur die schwarzen Schatten der Bremer Provinz, und gleicht diese AfB nicht dem untauglichen Versuch, aus gebrauchtem Kaffeesatz einen aromatischen neuen Kaffee „besser als das Original“ zu brühen?

Mein Schluß ist und bleibt, daß diese Bremer SPD, die immerhin bei den Wählern im Bremer Westen über 50 Prozent Zustimmung hatte im letzten Jahr, daß die sich wieder stark machen muß, indem sie die Eierschalen dieser gescheiterten Koalition selbstbewußt abstreift und erst einmal nur für die sozialdemokratische Position gegen alle anderen kämpft, um dann offener als beim letzten Mal den weiteren Weg zu bestimmen.

Konrad Kunick