Peru/Ecuador

■ betr.: „Das Land zerstören, um es zu behalten“, taz vom 15. 2. 95

Was alle Jahre immer wieder als kleines Grenzscharmützel am Cenepafluß am Jahrestag der Unterzeichnung des Protokolls von Rio de Janeiro – 29. Januar 1942 – auftrat, entwickelte sich aus innenpolitischen Gründen in beiden Andenstaaten zu einem tatsächlichen Grenzkrieg zwischen zwei Völkern der gleichen Sprache, Kultur und aus gleichen Landschaften. Allerdings die seit Urzeiten dort ansässigen Völker, wie Aguarunas und Shuars hat man nie gefragt, wem welches Land gehört und zu welchem Staat sie gehören wollen.

Beide Staatsmänner, Duran und Fujimori, brauchen aus verschiedenen Gründen diesen Bruderkrieg, der niemandem anderen nützt als den Militärs und den Waffenhändlern, die an sie geliefert haben, darunter auch etliche aus Deutschland.

Obwohl in beiden Staaten, vor allem in Peru, die Militärs schlimmste Menschenrechtsverletzungen in den letzten Jahren begangen haben, wurden niemals verantwortliche Offiziere zur Rechenschaft gezogen. [...]

Durch einen Krieg können solche Probleme wieder unter den Teppich gekehrt werden. [...]

Bei der Lektüre der peruanischen Tageszeitungen und Wochenmagazine der letzten zwei Wochen fällt auf, daß auch bundesdeutsche Waffen dort im Einsatz sind: Fast immer sind es G3-Gewehre der schwäbischen Firma Heckler und Koch, die die Soldaten in Händen haben. Im deutschen Fernsehen konnte man immer wieder Daimler-Benz-Unimogs und Militärfahrzeuge im Kriegsgebiet ausmachen. Die Zeitung El Mundo berichtete, daß mit deutschen HDW-U-Booten Truppentransporte in den Norden getätigt würden.

Immer wieder haben in der Vergangenheit Gruppen wie der Tübinger Peru-AK im Weltladen gegen bundesdeutsche Rüstungsexporte nach Peru in Bonn protestiert mit dem Hinweis auf die Menschenrechtsverletzungen durch Staatsorgane in Peru sowie den fatalen Zusammenhang zwischen Rüstungsausgaben und Hunger. Doch ohne Erfolg. Die Unterschriftenaktion gegen die MBB-Hubschrauber an Peru wies Wirtschaftsminister Hausmann mit dem Verweis auf den Dual- Use-Charakter dieser und anderer Exporte zurück. In Internationalen Militärzeitschriften tauchen sie aber sehr wohl in der Statistik auf.

RIB und entwicklungspolitische Aktionsgruppen bleiben dabei: An Staaten, deren Armeen Menschenrechtsverletzungen begangen haben, dürfen keine Waffen und Rüstungsgüter geliefert werden. An Staaten, die autoritäre Präsidenten wie einen Diktator Fujimori haben, dürfen erst recht keine Waffen und Rüstungsgüter verkauft werden. Ebenso dürfen keine Lizenzproduktionen wie die des G3-Gewehrs oder des TAM- Panzers an andere Länder wie Argentinien, Mexiko und Brasilien verkauft werden. Letzterer wurde von Argentinien an Ecuador verkauft. Auch der Verkauf bundesdeutscher U-Boote an fast alle südamerikanischen Länder, darunter sechs an Peru und zwei an Ecuador, erweist sich nun als Bumerang. RIB fordert von der Bundesregierung:

– Keine Rüstungsexporte an Länder der sogenannten Dritten Welt, die nur Tod und Elend zur Folge haben.

– Verstärkte Maßnahmen ziviler Produktion zu einer wirklichen Konversion.

– Verstärkte außenpolitische Maßnahmen, um den Konflikt zu begrenzen und zu beenden.

– Stopp der offiziellen Entwicklungshilfe zugunsten einer alternativen Entwicklungspolitik in beiden Ländern, die den Armen hilft, die Natur schützt und die Ursachen des Hungers mit demokratischen Mitteln bekämpft. Ganz konkret: die Unterstützung der 95 Menschenrechtsorganisationen aus Ecuador und Peru, die ein sofortiges Ende des Bruderkrieges fordern und in Zukunft beim Abbau von gegenseitigen Feindbildern in beiden Ländern eine wichtige Rolle haben müssen.

– Mithilfe bei Überlegungen, wie den seit Urzeiten dort ansässigen Ethnien langfristig ihr natürlicher Lebensraum erhalten werden kann.

– Nicht zuletzt sollte der bundesdeutsche Militärattaché in Lima durch einen Menschenrechtsexperten ersetzt werden. Walter Schwenninger,

Rüstungs-Informationsbüro

Baden-Württemberg (RIB),

Tübingen