Die Reihen sind fest geschlossen

■ Serben aus Bosnien und Kroatien bilden gemeinsames Oberkommando / Neues Angebot des Westens an Belgrad?

Wien (taz) – Eine Neuauflage des serbisch-kroatischen Krieges scheint unvermeidlich: Anfang der Woche schlossen die bosnischen Serben mit den Serben der kroatischen Krajina einen militärischen Beistandspakt, mit dem der angeblich Ende März „drohende kroatische Angriff“ abgewehrt werden soll. Bosniens Serbenführer Radovan Karadžić ließ über seine Kampfsender vermelden, daß er auf „die militärische Provokation“ vorbereitet sei und seine Armee jederzeit in den Kampf ziehen werde, um die serbische Heimaterde zu verteidigen. Zur Demonstration der Stärke zeigte sich Karadžić mit seinen beiden Generälen Ratko Mladić und Manojlko Milovanović, zwei Haudegen, die aus ihren großserbischen Träumen nie einen Hehl gemacht haben.

Zum neuen Oberbefehlshaber über alle Truppen der kroatischen und bosnischen Serbenverbände wurde Mladić ernannt, der auch zugleich gelobte, keinen Meter serbischer Erde dem Feind zu überlassen. Er werde nicht zulassen, so hatte Mladić schon vor einigen Tagen erklärt, daß die serbischen Siedlungsgebiete in Kroatien jemals wieder an Zagreb zurückfallen.

Und dies ist ernstzunehmen. Denn Mladić setze stets auf den Krieg, selbst dann, als ihn der serbische Präsident Slobodan Milošević vor einigen Monaten aufforderte, vorübergehend die Kampfhandlungen einzustellen und sich der internationalen Staatengemeinschaft und deren Friedensvermittlungen zu beugen.

Derzeit scheint aber auch Milošević nichts an einer friedlichen Lösung des Krieges zu liegen, zumindest ließ er das jüngste Angebot der Bosnien-Kontaktgruppe platzen. Selbst die Offerte des russischen Außenministers Kosyrew, der eine Aufhebung aller Wirtschaftssanktionen in Aussicht stellte, falls Belgrad seine Nachbarrepubliken völkerrechtlich anerkenne, stieß beim Präsidenten auf taube Ohren. Dessen Außenminister Jovanović machte sogar jede friedliche Lösung des Balkankonfliktes von „Entschuldigungen“ und „Reperationszahlungen“ Kroatiens, Bosniens, Sloweniens und Mazedoniens abhängig, da diese 1990 angeblich „verfassungswidrig“ aus dem Vielvölkerstaat ausgeschert seien und dadurch den Krieg erst ausgelöst hätten.

Läßt diese Geisteshaltung keine Spur von Kompromißbereitschaft erkennen, so gibt sich die internationale Staatengemeinschaft dennoch nicht geschlagen. Aus französischen Diplomatenkreisen wurde gestern bekannt, daß in der kommenden Woche Frankreich, Großbritannien und Deutschland einen neuen Vermittlungsversuch unternehmen wollen.

Die regimenahe Belgrader Wochenzeitung Telegraf behauptet dagegen in ihrer jüngsten Ausgabe, Kosyrew habe seine westeuropäischen Kollegen bereits gebeten, weitere Zugeständnisse an Milošević zu machen, um ihn zum Einlenken zu bewegen. Dieser Quelle zufolge würde Belgrad mit der Anerkennung der Nachbarrepubliken nicht zögern, wenn die neuen Staatsgrenzen entlang des derzeitigen Frontverlaufes gezogen würden. In späteren Verhandlungen würde Serbien zugunsten der Kroaten und Muslime auch auf Land verzichten, doch wolle Milošević als erstes Zugeständnisse von der gegnerischen Seite sehen. Karl Gersuny