Deckung für Irans Terror-Regime

■ Die Bundesregierung vergibt wieder Hermes-Bürgschaften für Iran-Geschäfte

Berlin (taz) – Die Entscheidung, das ist auch im Hause Rexrodt klar, „ist ein Politikum“. Bereits im Oktober letzten Jahres waren nach Ansicht des Bundeswirtschaftsministeriums die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die erneute Vergabe von Hermes-Krediten im Iran-Geschäft gegeben. Doch vier Monate mühte sich die Bundesregierung noch, bis sie letzte Woche den endgültigen Beschluß faßte. Für 1995 ist ein Bürgschaftsvolumen von 150 Millionen Mark in Aussicht gestellt, 100 Millionen Mark für mittel- und langfristige Geschäfte sowie 50 Millionen Mark für kurzfristige Geschäfte.

Die deutsche Wirtschaft, so erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums der taz, habe „ein erhebliches Interesse, die traditionell guten Beziehungen zum Iran mit Hermes-Bürgschaften abzudecken“. Die Zahlungsmentalität des Iran sei „vertrauenswürdig“. Eine Ausdehnung des Deckungsvolumens hänge von „der politischen Situation im Iran“ ab.

Daß diese allerdings alles andere als vertrauenswürdig ist, hätte die Bundesregierung beim Studium ihrer eigenen Unterlagen feststellen können. Das Bundesamt für Verfassungsschutz war bereits 1993 in einem internen Vermerk über „die Aktivitäten der iranischen Geheimdienste“ zu der Erkenntnis gekommen, „daß alle drei iranischen Nachrichtendienste über legale und illegale Residenturen in der Bundesrepublik Deutschland vertreten sind und entsprechend ihrem Auftrag wirken“. Zu diesen Aufträgen zählen die Verfassungsschützer „die Beobachtung und Ausforschung der iranischen Opposition“, „die Beschaffung von militär-technologischem Know-how mit Konzentration auf ABC-Waffentechnologie“ sowie „möglicherweise auch eine elektronische Aufklärung in Europa“. Sowohl im Fall Rushdie als auch bei dem ermordeten iranischen Oppositionspolitiker Bakhtiar hatte der Verfassungsschutz „Einzelhinweise, die auf eine mögliche Verstrickung hindeuten“, im „Mykonos-Attentat“ gar erstmals „Spuren, die die vermutete Verwicklung der [iranischen; d.R.] Residentur in terroristische Aktivitäten belegen“.

Das Bundeskriminalamt kam gar zu dem Schluß, „daß der Iran bei der Verfolgung seiner Gegner/Dissidenten vor schwersten Straftaten nicht zurückschreckt und dabei keine Rücksicht auf zwischenstaatliche Beziehungen nimmt“. Fazit des Bundesamtes für Verfassungsschutz: „Die Aktivitäten der iranischen Geheimdienste auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland stellen eine Bedrohung für die innere Sicherheit dar.“

Die Bundesregierung, bei Bedrohungen der inneren Sicherheit sonst äußerst sensibel, läßt Rücksicht walten. Wie ein Sprecher der Bundesregierung gestern erläuterte, habe sich an der politischen Einschätzung des Iran „nichts wesentlich geändert“. Doch halte man wegen der „traditionell guten Beziehungen“ den „kritischen Dialog“ weiterhin für sinnvoll. Man könne so auch in Fragen der Menschenrechte mehr helfen. Als jüngstes Beispiel wird auf den Fall des israelischen Piloten Ron Arad verwiesen, über dessen Freilassung iranische und israelische Stellen unter Vermittlung der Bundesregierung verhandelt hatten. Im Falle Arad, so das Bundespresseamt, gebe es „Dankbarkeit von Betroffenen“, in Sachen Hermes-Bürgschaft, so erklärte das Bundeswirtschaftsministerium bereits im letzten Herbst, „drängt der Iran darauf“, daß die Vergabesperre aufgehoben wird. Dieter Rulff

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