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■ Start zur Energiesparkampagne der Umweltbehörde: Das „stand-by zur Klimakatastrophe“? Von Jürgen Oetting

Dramatische Klimaveränderungen erfordern sofortiges Handeln, meint Hamburgs Umweltsenator Fritz Vahrenholt. Und läutet ohne Verzug die Wende ein. Aber eigentlich, so gestand er gestern beim Start einer neuen Energiesparkampagne seiner Behörde, könne er nichts machen.

Denn Vahrenholts zentrale Forderung läßt sich mit seinen Hamburger Möglichkeiten nicht durchsetzen: Die massive Verteuerung von Energie durch Einführung einer entsprechenden Steuer, damit sich Strom- und Wassersparen wieder lohnt. Energiesteuern unterliegen der Bundeshoheit und müssen zudem mit der Europäischen Union abgestimmt werden.

Daher setzt Vahrenholt jetzt auf eine eher symbolische Kampagne. Im Visier hat er Otto Normalstromverbraucher. Unter dem Motto „Weniger Energie für mehr Klima“ werden praktische Spartips vermittelt. Den Auftakt machte gestern der Feldzug gegen die roten Lämpchen, die beim „stand-by“-Betrieb von Elektro-Geräten leuchten. Würden alle Hamburger Haushalte ihre Fernsehgeräte, Video-Recorder und CD-Player bei Nichtbenutzung ausschalten statt das Lämpchen leuchten zu lassen, wären 50 Millionen Kilowattstunden pro Jahr weniger verpulvert. Jeder Haushalt, rechnete der Senator und Aufsichtsratsvorsitzende der Hamburgischen Electricitätswerke (HEW) vor, könnte so jährlich bis zu 60 Mark sparen.

Dem Klima jedoch käme das kaum zugute, denn in das Hamburger Netz werden 60 bis 80 Prozent Atomstrom eingespeist – und der ist ja angeblich ausgesprochen klima-neutral. Und auch den Ausstieg aus dieser Technologie würde das private Stromsparen wenig beeinflussen. Vahrenholt hat da eine feste Zeitvorstellung im Kopf. Der Ausstieg werde ebensolange dauern wie der Einstieg, also 25 bis 30 Jahre – von heute an, denn der Einstieg könne als abgeschlossen gelten.

Bei der GAL stieß die Vahrenholt-Initiative auf Kritik und Häme: „Stand-by für die Klimakatastrophe“, spottete der energiepolitische Sprecher der GAL-Bürgerschaftsfraktion, Holger Matthews. Wieder schiebe der Senat die Hauptverantwortung auf den Bund und auf die Haushaltskunden, die nur 25 Prozent des Hamburger Stroms verbrauchten.

Matthews hält Hamburg nicht für so handlungsunfähig, wie es Vahrenholt beschreibt. Hamburg hätte wie keine andere Gemeinde in der Bundesrepublik die Chance, mit eigenen Energieversorgungsunternehmen und einer eigenen Energieaufsichtsbehörde zu einer echten Wende und damit Klimaschutzpolitik zu gelangen. Stattdessen sei die HEW nach wie vor eine angebotsorientierte Firma und kein Energiedienstleistungsunternehmen.