Kommentar: Flurbereinigung
■ Nach dem Mißtrauen kommt der Streit
Eigentlich müßten alle politisch denkenden Menschen in der Stadt der CDU dankbar sein. Das Mißtrauensvotum hat für eine politische Flurbereinigung gesorgt. Und die betrifft vor allem die SPD. Jetzt zeigt sich offen, was auch in den vergangenen Jahren partout nicht zusammengehen wollte: Auf der einen Seite die Traditionalisten, die sich mit der CDU immer noch auf der sichereren Seite wähnen, auf der anderen Seite ein zartes Modernisierungspflänzchen, das es lieber mit den Grünen probieren will. Dazwischen politisches Niemandsland, die Bindungen der einen an die anderen sind schon fast aufgelöst. Schon lange war nur noch für Eingeweihte zu erkennen, daß die in ein und derselben Partei sind.
Dabei repräsentiert die SPD ja in ihrer Mitglieder- und in ihrer Wählerschaft einen realen gesellschaftlichen Konflikt: Hier die aufgeklärten Modernisierungsschichten, dort diejenigen, die die berechtigte Angst haben, Opfer genau dieser Modernisierung zu werden. Denen glaubwürdig etwas anzubieten außer einem „weiter so“, das ernsthaft niemand als Zukunftsmodell verkaufen kann, dieses Kunststück ist auch den SPD-Modernisierern noch nicht gelungen.
Dieser Konflikt ist nun offen zutage getreten, und endlich ist er auch mit Namen identifizierbar. Die Heckenschützen der vergangenen Mißtrauensvoten haben sich enttarnt. Jetzt kann das Streiten beginnen. Und dann können wir alle wählen. Jochen Grabler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen