Durchs Dröhnland: Drei Staubsauger
■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche
Und wieder schieben die Bläser, rollt der Sänger das „R“, geht der Stomp durch, ohne jemanden zu verletzen. Und solange es Musik gibt, wird es auch Ska geben, werden Filzhütchen fliegen und Bands wie Mother's Pride werden dazu den Soundtrack abgeben. Schwarz und Weiß werden auch dann noch die coolsten Farben sein, die jemals miteinander kombiniert wurden, und jedes Bein wird beim Off-Beat immer noch zucken. Mother's Pride, neun Personen hoch, aus Berlin, geben sich allerdings nicht zufrieden mit dem ewig gleichschnellen Humbta, das viele Kollegen bevorzugen, sondern verlangsamen gerne mal bis zum Kitsch, um dann wieder anzuziehen. Die puristische Schönheit des Ska brechen Mother's Pride durch Einspielungen aus „Star Trek“ auf und zeigen so, wie sie mit Popkultur und eben auch Ska umgehen: Respektlos die eigene Kindheit verarbeitend.
Heute, 21 Uhr, SO 36, Oranienstraße 190, Kreuzberg
Die drei Staubsauger auf dem Cover von „Stralsund“, dem neuen Album von Sisyphos & The Fuzzy Few, sind da nicht nur, weil sie gut aussehen. Die Dinger sind durchweg älteren Baudatums und werden als Instrumente benutzt, wobei die althergebrachten Klangerzeuger nur in Ausnahmefällen so klingen, wie man es von ihnen erwartet. Unverdaulich ist die Musik der Hannoveraner-Berliner-Kombination aber nur hin und wieder, und gerade die Noise-Ausflüge haben die größere Intensität im Vergleich zum PILschen Art-Rock, der immer wieder fragmentarisch aufblitzt. Der Kunstanspruch wird live zusätzlich mit einer Dia- und Filmvorführung eingelöst.
Morgen, 23 Uhr, Eimer, Rosenthaler Straße 68, Mitte
Selbst im Jahre 1979 stand Joe Jackson mit seiner damals schon hohen Stirn und dem schlechtsitzenden Anzug irgendwie neben diesem Punk- Zeugs. Auf „Look Sharp!“ gab er sich immerhin noch richtig Mühe und lieferte eine der besten New-Wave-Platten ab. Dieser Pop war so auf den Punkt gebracht, wie es der Titel versprach, und das obwohl der gute Joe schon damals seinen Hang zum Orchestralen nicht ganz verleugnen konnte. Nur drei Jahre später hieß es „Night & Day“ und war ganz Barklavier, war Gershwin und sollte es auch sein. Damit war er heiliggesprochen fürs Nachtradio. Die Institution Jackson leistete sich Eskapade auf Eskapade, ohne daß es ihm etwas anhaben konnte. Das Orchestrale hat sich inzwischen zum Theatralischen ausgewachsen, auf der neuen Platte „Night Music“ ist Jackson einfach nur noch Jackson und seine Vision von moderner Musik: „Ich hasse die Vorstellung, so was wie ein Veteranen-Rocker oder ein alternder Popstar zu sein. Wenn schon, dann sehe ich selbst mich als jungen Komponisten.“ Ja, wenn ihm so viel dran liegt.
Am 27. 2., 20 Uhr, ICC, Messedamm, Charlottenburg
Völlig vergessen zwischen all dem Metal, der so durch die Hölle tobte, zwischen Doom und Death und Trash, gab es natürlich weiterhin den guten alten Mainstream und natürlich auch denjenigen mit Kunstanspruch, so wie wir ihn von jener unsäglichen Platte von Deep Purple mit dem Royal Philharmonic Orchestra kennen. Hier gibt es noch CD-Inlets, die sich zum Kleinposter ausklappen lassen, Texte mit Fremdwörtern und tiefenpsychologischem Tiefgang und Sänger, die mindestens so stolz sind auf ihre frischgewaschenen Haare wie auf ihre Eunuchenstimme. Diese kleine Welt, in der es so gigantomanisch zugeht, schafft den Crossover zwischen der Landjugend, die mit einem saftigen Metal-Riff glücklich ist, und Zahnärzten, die ihre Dröhnung gern intellektuell verbrämt genießen. So verkauften Queensryche von ihrer letzten Platte soviel, daß sie gleich drei Mal Platin bekamen, und zogen sich dann standesgemäß für mehr als zwei Jahre in ihre Studios zurück, um sich dort für den aktuellen Nachfolger „Promised Land“ zu sammeln. Manchmal nahm man auch in einer Blockhütte auf den San Juan Inseln auf, was wieder eine sehr wertvolle Information ist. Nun kann man sich fragen, ob es wirklich soviel Mühe und Zeit benötigt, solchen Kitsch zu produzieren.
Am 28. 2., 20 Uhr, Huxley's, Hasenheide 108-114, Neukölln
Die wohl ungebrochenste Umsetzung des amerikanischen Westcoast-Ansatzes liefert hierzulande das Rödelheim Hartreim Projekt. Den Stadtteil, aus dem das Duo stammt, glorifiziert es zum Watts von Frankfurt: „Wir kommen direkt aus Rödelheim, steck deinen Dödel rein, ein hartes Wort, ein harter Ort“. Zwischen Liebe und harten Reimen, relaxten Beats und hektischen Samples profilierten sich die beiden vor allem durch ihre verbalen Rundumschläge in der bundesdeutschen HipHop-Szene. Die Fantastischen Vier mußten wegen ihrer Kommerzialität dran glauben, die Heidelberger Posse um Advanced Chemistry war ihnen zu dogmatisch, zu politisch korrekt. Mit den Beschimpfungen der beiden Aushängeschilder setzte sich das RHP ganz bewußt zwischen alle Stühle im Grabenkampf und sicherte sich dadurch überdurchschnittliche Publizität. Dabei muß man ihnen zugute halten, daß sie jenseits dieser unsympathischen Strategie auch musikalisch so versiert mit den US-Vorgaben umgehen wie sonst kaum jemand. Die Reime rollen elegant, und vor allem die zurückgenommenen Stücke entwickeln eine souveräne Slickness, die allerdings eher an Opa LL Cool J als an den aktuellen G-Funk gemahnt. Die selbstdefinierende Zeile „Wenn es nicht hart ist, ist es nicht das Projekt“ bezieht sich demnach auch weniger auf die Beats als auf die Worte, die ganz klassisch von legendären Rhyme-Battles, den goldenen Szenezusammenhängen und der eigenen Tollheit erzählen.
Am 2. 3., 20 Uhr, Huxley's Thomas Winkler
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