Alsterpavillon frißt seine Pächter

■ Betreiber meldet Konkurs an: „Sanierungskosten und Erbzins zu hoch“ / Behörde wartet ab und setzt auf neuen Pächter Von Sannah Koch

Kollektiver Irrtum? Über den Tisch gezogen worden? Dilettantisch kalkuliert? Unschöne Vermutungen zu einem eigentlich festlichen Anlaß. Doch das Jubiläum geriet nicht fröhlich – genau ein Jahr nach Neueröffnung des Alsterpavillons hat das Betreiber-Ehepaar Heike und Günther Zapp am Wochenende Konkurs angemeldet. Was bei einigen Hamburger Politikern Genugtuung auslösen dürfte. Denn die Umstände der Vertragschließung hatten heftige Proteste und Unterstellungen ausgelöst.

Für die einen Traditionshaus, für die anderen Millionengrab: Das denkmalgeschützte Caféhaus am Jungfernstieg hatte sich vor zwei Jahren zur Streitimmobilie gemausert. Die Ablösung des alten Pächters durch das Ehepaar Zapp trieb Ende 1992 Hamburgs CDU auf die Barrikaden. Sie witterte Filz. Kultursenatorin Christina Weiss, ehemals Programmleiterin im Literaturhaus, habe ihre Finger im Spiel gehabt, mutmaßten die Christdemokraten damals. Denn sowohl die Zapps als auch ihr Geschäftspartner Jürgen Mackensen hatten im Literaturhaus gearbeitet: Die einen als Pächter des Cafes, der andere als Geschäftsführer.

Ungereimtheiten hatte es aber auch bei der Kalkulation der Sanierungskosten gegeben. Schon vor der Ausschreibung hatten einige potentielle Pächter abgewunken: Unrentabel, weil zu teuer. Fast 12 Millionen Mark Sanierungskosten hatte die Patriotische Gesellschaft errechnet und sich erst gar nicht am Wettbewerb beteiligt. Günther Zapp hatte damals jedoch nur 4,5 Millionen Mark kalkuliert. „Alle Mitbewerber nannten eine ähnliche Summe wie wir“, so der Gastronom, auch die Baubehörde habe die Zahl als realistisch bestätigt. „Ich habe mich geirrt“, räumt Zapp heute ein; die sofort korrigierte Version: „Es war ein kollektiver Irrtum.“

Oder wurde er von der Stadt über den Tisch gezogen? Denn die hatte '92 vor allem ein Interesse: Schnell einen neuen Pächter zu finden, um die Übernahmeverpflichtung für die Pavillon-Angestellten zu vermeiden. War deshalb auch das Alter des Gebäudes in den Ausschreibungsunterlagen auf 38 Jahre „verjüngt“ worden? Eine Zahl, die nur bedingt zutrifft: Der unterirdische Teil stammt noch aus dem vorigen Jahrhundert – und war dementsprechend marode. Die Beseitigung dieser Schäden trug ihren Teil zur Kostenexplosion bei.

Mit der heißen Nadel gestrickt war aber offensichtlich die gesamte Schätzung der Bausubstanz. „Die Stadt wollte langen Leerstand vermeiden und ließ die Bauprüfer ihre Arbeit während des laufenden Betriebs machen“, so Zapp. Anscheinend nicht sehr gründlich. Denn die wiederholt von CDU, FDP und GAL geäußerte Befürchtung, der Pavillon sei asbestverseucht, wurde von der Finanzbehörde als rein strategisches Störmanöver abgetan. „Die Opposition irrt“, so der damalige Finanzbehörden-Staatsrat Hartmuth Wrocklage, zwei Gutachten hätten das Gegenteil bewiesen. Doch wer irrte, war der Staatsrat. „Zwei Tage vor der Neueröffnung fanden wir in den Heizungsverschalungen Asbest“, so Zapp gestern. Noch eine teure Sanierung.

Da half auch der im Juli '93 von der Stadt bewilligte Zuschuß von 2,6 Millionen Mark dem Pächter nicht mehr aus der Klemme. 8,5 Millionen Mark Baukosten und ein monatlicher Erbzins von 100.000 Mark bei fünf Millionen Mark Umsatz '94 – „so kann der Pavillon nicht wirtschaftlich betrieben werden“, weiß Zapp heute. Seit Oktober verhandelt er mit der Finanzbehörde über andere Bedingungen. „Ein gewisses Problem, die Konditionen im nachhinein zu verändern“ wie Behörden-Sprecherin Annette Verhein-Jarren dazu anmerkt. Man werde jetzt zunächst beobachten, ob es einen Übernehmer gebe. Laut Zapp stehen die Chancen dafür schlecht; es sei aber dennoch vorstellbar, daß „das Objekt in den Markt gegeben werde“.