Kommentar: LiebhaberInnen
■ Der Rechtsstaat muß für alle gelten
Es gibt allerlei Gründe, froh zu sein, in diesem Land zu leben. Nach diesem Satz begionnt meist das schuldbeladene Wehklagen über den deutschen Wohlstand – aber nein, der ist gar nicht gemeint. Wir leben in einem Rechtsstaat, und darüber sollten alle ziemlich froh sein. Ein Blick über den Tellerrand kann Gruseln machen. Wie in anderen Ländern der Erde staatliche Gewalt ohne jede unabhängige rechtliche Kontrolle über die Menschen herfällt, das könnte auch die schärfsten SystemkritikerInnen überzeugen.
Der Rechtsstaat lebt davon, daß er viele LiebhaberInnen hat, die ihn verteidigen. Und die werden zu jeder Zeit dringend benötigt. Besonders von denjenigen, die von dieser Verteidigung abhängen. Halim D. ist so einer. Der 17jährige Kurde hat sich in seiner Verzweiflung der Abschiebung nur durch einen Selbstmordversuch entziehen können, und das auch nur für ein paar Tage. Eine Abschiebung in den möglichen Tod, begründet durch einen windigen Vorwurf, den kein Richter je überprüft hat. In diesem Fall setzt sich der Rechtsstaat selbst ad absurdum. Der Schutz vor unkontrollierter staatlicher Macht ist unteilbar. Es ist gut, daß sich eine Senatorin, eine SPD-Vorsitzende und eine handvoll PolitikerInnen kümmern. Doch wo bleiben eigentlich die Liberal- und Christdemokraten, wenn die elementarsten Rechte wanken? Es könnten ruhig ein paar mehr LiebhaberInnen werden. Jochen Grabler
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