■ Sportsmann Nagel: Auswechseln
Seit nunmehr zwei Jahren weigert sich der ansonsten so publi- city-frohe Wolfgang Nagel, einer Einladung der sportbegeisterten Initiative „Wir bleiben alle“ in den Prenzlauer Berg zu folgen. Das ist zwar bedauerlich, aber nicht zu ändern. Auch der Bundeskanzler soll ja nicht mehr allzu gerne vor der ersten Reihe kicken. Wer freilich die Abneigung gegen sein Publikum zum Anlaß nimmt, das in greifbare Nähe gerückte Pokalspiel mit Töpfer absagen zu wollen, zeigt, daß er sich als Sportsmann ebenso verabschiedet hat wie im Nebenberuf als Wohnungspolitiker. Wie beim Match um die Vergleichsmieten. Bei Neuabschluß eines Vertrags keine Fallstricke einzubauen heißt, aus der Kostenexplosion nach dem Aufstieg aus der mietpreisgebundenen Amateurliga nichts gelernt zu haben.
Seit längerem schon macht „Ranissimo“ Nagel aus seiner Sympathie für die Großen der Liga kein Geheimnis. Das wirkt sich auch auf die Spielpraxis aus. Nur noch selten zieht er bei den gegnerischen Stürmern die Notbremse. Ob Trainingsschwäche oder abgekartetes Spiel – die Zuschauer leiden unter den Folgen: die Leerstandsquote steigt, und keiner haut mehr auf den Putz, weil längst nur noch die Fassade übriggeblieben ist. Dazwischen, alle vier Jahre, ein Werbeblock: bunte Plakate mit glücklichen Menschen, auch wenn sie statt dem Dach nur noch ein Buch über dem Kopf haben. Der Spieler Wolfgang Nagel – ein Fall für den Ligaausschuß? Zumindest bei den Zuschauern hat der „Katsche“ Nagel von einst den Kredit verspielt. Nun heißt es auch für seinen Verein, die rote Karte zu ziehen und ihn zwar mit Würden, aber ohne Ablösesumme auf die Transferliste zu setzen. Angebote soll es ja geben, und ein Fan, der mit dem roten Schal, ist ihm treu geblieben. Uwe Rada
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