■ Press-Schlag
: Basler versaut die Karnevalsparty

Wolfgang III. sang noch schiefer als Rex Gildo nach dem zehnten Schnaps. War aber egal. Wolfgang III. ist nämlich der Leverkusener Karnevalsprinz, und früher war er Rechtsaußen in der Leichlinger Biertischmannschaft „Wampenelf“. Vor dem Spiel gegen Werder Bremen (1:2) zog er durch das Ulrich-Haberland-Stadion und quäkte ins Mikrofon. Das war irre komisch – so zumindest sah es das Bayer- Animationsprogramm vor: klatschende Hände wurden auf die Anzeigetafel projiziert, und gelegentlich krakeelten die Fußballfreunde ein närrisches „Alaaf“.

Als das Spiel begonnen hatte, riefen sie nur noch „Kirsten, Kirsten“. Doch der saß des taktischen Kalküls wegen auf der Ersatzbank und mußte zusehen: etwa wie Pavel Hapal, der des taktischen Kalküls wegen mitmachen durfte, das freie Tor (3.) oder schlicht den Ball (9.) nicht traf, über die eigenen Beine stolperte und überhaupt eine mitleiderregende Figur abgab. Zum Ausgleich konnte sich Zuschauer Kirsten nach 24 Minuten an einem echten Leckerbissen erfreuen, zu dumm nur, daß dabei die eigene Defensivabteilung lediglich eine Statistenrolle spielte. Austriabub Andy Herzog hatte einen hübschen Steilpaß gespielt, und Mario Basler ließ die Leverkusener Abwehr samt Torwart stehen wie ein Porschepilot einen Mantafahrer.

Der Bremer verschnaufte einige Minütchen, ließ den Blick über die Fußballwiese streifen, und dann sprintete er wieder los: durchkurvte in tombaschem Stil die Hintermannschaft der Gäste und drosch derart vehement aufs Tor, daß man fürchten mußte, Ballfänger Rüdiger Vollborn würde mit durch die Maschen gejagt. Bravissimo! Der Auftritt, das wußte wohl auch Nationalstürmer Kirsten, war länderspielreif – doch dafür hatte es bei Basler am Mittwoch nur einige Minuten gereicht: Dennoch beabsichtige er, übermittelte der Bremer via TV nach Korschenbroich, sich noch in diesem Jahr einen Stammplatz in der DFB-Auswahl zu erspielen. „Dem Bundestrainer muß ich nichts mehr beweisen“, meinte Basler.

In der Tat. Sein Ansinnen hatte Basler mit einem weiteren Soloauftritt eindeutig dokumentiert, als er nach dreiviertelstündiger Kreativitätspause offenbar den Zeitpunkt für geeignet hielt, Bayers Übungsleiter Dragoslav Stepanovic endgültig aller Illusionen zu berauben, die sich nach Sergios Ausgleichstreffer (40.) und den klaren Leverkusener Torchancen angesammelt hatten. Basler trat an – lässig, elegant – und wollte sich von niemandem mehr aufhalten lassen. Scholz, Melzig, Wörns: keiner wagte, diesen faszinierenden Sturmlauf zu bremsen, und Otto Rehhagel sagte anschließend: „Bei solchen Toren lacht das Herz des Fußballehrers.“ Prinz Wolfgang nebst Gefolge war – ganz branchenuntypisch – das Lachen längst vergangen. Markus Götting