Elfenkrieger an die Instrumente

■ Heute live: Bolt Thrower prügeln sich auf zwei Ebenen durch das Tivoli

Der richtig konsequente Teufelsmetaller scheint mit den Achtzigern ausgestorben. Ein ganzes Genre ist entweder kopflastiger geworden oder in Richtung Kommerz-Core abgewandert. Aber noch geistern ein paar Vertreter der alten Schule durch die Hallen und weigern sich, vernünftig zu werden: Bolt Thrower. Irgendetwas brauchte es immer, um eine Kapelle aus dem unüberschaubaren, musikalisch beachtlichen, aber einförmig klingenden Sumpf des tosenen Todesmetals herausragen zu lassen. Bei Bolt Thrower ist es seit jeher ein Händchen für prägnante, im Genre unübliche Melodien. Im unendlich Schnellen wie im brachial Kriechenden sind bei den Briten die prägnantesten schweren Riffs diesseits des Atlantiks vergraben. Alte Kracher wie „Cenotaph“ hatten gar Mitsummpotential - vorausgesetzt, man beschränkte sich auf Hauptteil und Refrain und ließ all die Breaks und Tempiwechsel beiseite.

Noch heute funktionieren Bolt Thrower auf zwei Ebenen: auf dem hymnischen Mitmacherlevel, weil Bolt Thrower-Songs einfach coole Lieder sind. Und auf dem,der handwerklich perfekten Part-Reiterei, deren Komplexität ihre Stücke vor dem Abnutzen bewahrt. Auch personelle Veränderungen wie die Integration des neuen Sängers Martin van Drunen von den holländischen Kopf-Metallern Pestilence verkraftete das seit 1986 aktive Quintett spielend. Und bewahrte sich dabei seine andere ganz große Eigenheit: eine Schwäche für Rollenspiele. Zumindest lassen Artwork und Covergestaltung vermuten, daß die Mannen um Gitarristen Baz Thomson auch heute noch ganz gern Elfenkrieger oder wenigstens Dorfbewohner einer fiktiven Fantasy-Welt geworden wären. Gnomen, Orks und ähnliches Geschmeiß werden von muskelbepackten Kerls in Stücke gehauen, da es nur so klatscht. Andere Bands tanzten mit mannshohen brennenden Kreuzen auf der Bühne oder malten sich die Gesichter voll und finden das selber heute albern. Lieber in der Welt der „Dungeons and Dragons“ als in Neubaugebieten leben wollen, ist der Spleen, den sich die humorigen Briten konsequent erhalten haben und der sie im bierernsten Metal-Geschäft angenehm auffällt.

L.R.

Heute abend ab 20.00 mit Asphyx und den großartigen Trauer-Metallern Cemetary im Tivoli