■ Eine britische Bankpleite und die Folgen
: Der Staat ist aus dem Schneider

Eine nicht mal allzu große Bank kracht zusammen, und schwups ist sie wieder da: die angstvolle Debatte um die Sicherheit des Weltfinanzsystems. Hättet ihr nicht dereguliert, wär' das alles nicht passiert, mahnen jene, die schon immer gegen die Liberalisierung und Globalisierung der Finanzmärkte waren und Spekulanten gerne unter nationalstaatlicher Kontrolle sähen. Denn haben wir es nicht immer schon gewußt, daß Geschäfte mit Derivaten gefährlich sind, also verboten gehören?

Bei näherem Hinsehen jedoch gibt es überhaupt keinen Grund, anläßlich des Falles der Baring-Bank nach dem Staat zu rufen. Im Gegenteil zeigt sich hier, daß ein freier Markt die Allgemeinheit entlasten kann. Den Verlust erleiden in diesem Fall private Bankiers, also genau jene, die das Weltfinanzsystem immer schon so organisiert haben wollten, wie es heute ist: möglichst wenig. Als vor 100 Jahren dieselbe Bank schon einmal pleite war, galt es als selbstverständlich, den privaten Verlust zu sozialisieren: Der Staat rettete sie mit viel Steuergeld vor dem Untergang.

Heute, auf den freien Märkten, besteht dazu kein Anlaß mehr. Ebensowenig wollen die britischen Großbanken sich das Spekulationsopfer aufhalsen, weil man ja nie sicher sein kann, wie hoch die Verluste am Ende tatsächlich sein werden. Muß man sich dann ausgerechnet als Kleinkontoinhaber den Kopf zerbrechen, weil möglicherweise Queen Elizabeth eines ihrer zahlreichen Guthabendepots verliert?

Geschäfte mit Derivaten sind natürlich ein Risiko, sogar ein ziemlich großes – für Banker und Börsianer. Nur nimmt ihnen das, nach der Deregulierung, niemand mehr ab. Die internationale Finanzwelt, befreit von staatlicher Kontrolle, muß nun eben lernen, sich selbst vor den entfesselten Marktkräften zu schützen: entweder indem sie ihr Personal besser beobachtet und/oder indem sie Spekulationsversicherungen auflegt, mit denen ja auch wiederum Gewinne erwirtschaftet werden könnten.

Auch die Kursschwankungen an den Börsen, die seit den 80er Jahren mit der Deregulierung immer größer geworden sind, kann man ruhig den Marktteilnehmern überlassen. Letztlich leiden sie selbst am meisten unter der zunehmenden Unsicherheit. Hier könnte die Wirtschaft einmal sinnvoll das tun, was sie in Fragen des Umweltschutzes so gerne anbietet: freiwillige Selbstkontrolle üben. Die risikoreichsten Derivatgeschäfte muß keine staatliche Stelle verbieten. Wenn die Gefahren größer sind als die Gewinnaussichten, dürften sie relativ schnell wieder aus der Mode kommen. Donata Riedel