„Die UNO schweigt zu Tschetschenien“

■ US-Menschenrechtsgruppe kritisiert UNO und Rußland / Kämpfe in Grosny

Washington/Grosny (rtr/dpa) – Die Menschenrechtsgruppe Human Rights Watch/Helsinki hat den russischen Truppen in Tschetschenien schwere Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen. Zugleich kritisierte sie in dem am Sonntag abend veröffentlichten Bericht die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen, die sich zu dem seit fast drei Monaten andauernden Krieg in „beschämendes Schweigen“ hülle. Zu den Menschenrechtsverletzungen in Tschetschenien heißt es, „undisziplinierte“ russische Soldaten griffen Zivilisten an, plünderten systematisch Privateigentum und raubten Bürger aus. Truppen des russischen Innenministeriums hätten tschetschenische Gefangene im Militärstützpunkt Mosdok „brutal geschlagen und gefoltert“. Die russischen Verbände werden aufgefordert, Angriffe auf Krankenhäuser, Moscheen und Schulen sowie Luftbombardements, den Beschuß mit weitreichender Artillerie und andere militärische Operationen gegen Zivilisten einzustellen, keine Geiseln zu nehmen sowie Listen aller Gefangenen und Einzelheiten über deren Gefangennahme zu veröffentlichen.

Die russischen Truppen belegten unterdessen tschetschenische Stellungen südlich der Hauptstadt Grosny mit Trommelfeuer. Sie nahmen nach tschetschenischen Angaben tschetschenische Stellungen bei dem Dorf Staryje Atagi, 30 Kilometer südöstlich von Grosny, aus schweren Waffen unter Beschuß. Damit wollten die Russen offenbar einen Angriff auf die Anhöhe von Tschechkar vorbereiten. Die Einnahme dieser Anhöhe würde den russischen Truppen die Möglichkeit geben, die Kontrolle über den Süden und Südosten der tschetschenischen Republik auszuüben. Das russische Oberkommando teilte zugleich mit, in der Nacht zum Montag habe es keine Kampfhandlungen gegeben. Schon in den nächsten Tagen würden die Truppen des russischen Innenministeriums die letzten „Widerstandsnester“ in Grosny beseitigen. 25 russische Soldaten seien jedoch in der Nacht infolge eines „Kurzschlusses“ in Grosny ums Leben gekommen.

In der Nacht zum Montag wurden nach russischen Angaben an der tschetschenisch-daghestanischen Grenze Anschläge auf zwei Brücken verübt. In die Luft flog eine strategisch wichtige Eisenbahnbrücke über den Fluß Aksai, über die die Bahnlinie nach Aserbaidschan führt.