Bremen beinahe überflutet

■ BUND: Nur Renaturierung der Weser schützt uns gegen Hochwasser

Ende Januar versank das Rheinufer Kölns in den Fluten, die Mosel überschwemmte Trier und in Hannoversch-Münden sorgten die Fluten der Weser-Zuflüsse Werra und Fulda für Katastrophenstimmung. In Bremen dagegen blieben die Füße trocken. Warum? Die Stadt hat einfach Glück gehabt, meint der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), daß die Hochwasser an der Weser nur von schwachen Winden begleitet waren: Hätte es Ende Januar auch nur einen kleinen Sturm oder gar eine Sturmflut gegeben, die von See her gegen die Fluten der Weser drückt, wäre im Bremer Umland das Wasser über die Deiche geklettert.

Wenn sich Bremen also nicht auf sein Glück verlassen will, muß etwas verändert werden, sagen die Umweltschützer: Überlaufgebiete und vergrößertes Schwemmland am Fluß sollen als Puffer für die Fluten wirken. In diesem Sinne stellte der BUND gestern sein Konzept zur Renaturierung der Unterweser vor. Denn der verkürzte und begradigte Fluß bringt zwar die Schiffe schneller ans Meer, aber auch die Hochwasser-Fluten schneller und kräftiger ins Land hinein.

Die konkreten Vorschläge des BUND sollen die Wasserbau-Tendenz an der Weser, die seit über 100 Jahren aus dem Fluß eine „Bundeswasserstraße“ gemacht hat, eine Grenze setzen: An der Luneplate südwestlich von Bremerhaven soll durch die Rückverlegung des Winterdeiches neuer Flutraum geschaffen werden. Eine neue Deichlinie soll hier soviel neues Weservorland schaffen wie eben möglich. Weiterhin sollen rechts der Unterweser weitere Entlastungspolder geschaffen werden, die nicht nur bedrohten Tierarten eine neue Heimat geben, sondern auch im Notfall geflutet werden können. Der BUND hält auch die teilweise „Rücksandung“ der Sohle der Unterweser für notwendig, um den extremen Tidenhub zu dämpfen.

Wenn die Weser stellenweise flacher wird, können Schiffe mit größerem Tiefgang nicht mehr jederzeit nach Bremen hineinfahren, sondern müssen entweder die Flut abwarten - oder in Bremerhaven in den Hafen fahren.

Ursache für die Zunahme von Hochwasserproblemen sind zum einen globale Veränderungen des Klimas: Erwärmung der Weltmeere und die dadurch verursachte Erhöhung des Meerwasserspiegels, Steigerung der durchschittlichen Lufttemperatur und die Zunahme der Niederschläge im Winter, bzw. deren Abnahme im Sommer. Zum anderen gibt es regionale Ursachen, wie die zunehmende Versiegelung von Gebieten für die Ansiedelung von Industrie, Flußbegradigungen und die Vernichtung von natürlichen Fluträumen. Als Folge der globalen Klimaentwicklung und der regionalen Eingriffe in die Flußlandschaft hat sich zum Beispiel der Tidenhub stark vergrößert: 1945 betrug er an der großen Weserbrücke noch 295 cm, 1994 waren es 410 cm. Die Hochwasserwelle erreicht heute Bremen knapp zwei Stunden nach Bremerhaven. 1887 waren es noch knapp vier Stunden.

Im Rahmen der gemeinsamen Landesplanung Bremen/Niedersachsen hat der Landkreis Wesermarsch ein Gutachten in Auftrag gegeben, das sich auch mit diesen Problemen auseinandersetzen soll. Ergebnisse dieser Untersuchung liegen Mitte März vor. gl