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■ Cash & CrashSpekulieren Sie ruhig weiter, Herr Leeson!

Berlin (taz) – Der 29. Oktober 1929 hat eine Tätigkeit nachhaltig in Verruf gebracht: die Spekulation. Seit dem großen Börsenkrach an der New Yorker Wallstreet, der als Auslöser der anschließenden Weltwirtschaftskrise galt, haftet dem Spekulanten der Ruch des gefährlichen System-Destabilisators an. Obwohl, wie „Vahlens Großes Wirtschaftslexikon“ lapidar feststellt, die „gesamtwirtschaftlichen Wirkungen von Spekulationen umstritten“ sind, weil sie, je nachdem, auch stabilisierend auf eine Volkswirtschaft einwirken können; zum Beispiel dann, wenn sie Preisentwicklungen zutreffend vorwegnehmen.

Wie dem auch sei, in den USA jedenfalls hielt der Schock von 1929 fast 66 Jahre vor. Geschäftsbanken dürfen dort seither nicht mehr gleichzeitig im risikoreicheren Investment- oder Versicherungsgeschäft tätig sein; auf diese Art wollte man die Kleinsparer vor den Folgen möglicher Fehlspekulationen ihres Geldinstituts bewahren. Doch das soll nun alles nicht mehr gelten.

Ausgerechnet jetzt, wo alle Welt mit Spannung das Singapurer Spekulationsdebakel der Investmentbank Baring's verfolgt, will US-Finanzminister Robert Rubin die strikte Trennung von Geschäfts- und Investmentbanken aufheben, um die US-Banken auf den Weltmärkten gegenüber japanischen und europäischen Banken zu stärken; schließlich kann man ja mit Spekulation nicht nur ganz viel Geld verlieren. Zum Beispiel haben die wenigen, die gestern gegen den postbaringschen Trudeltrend japanische Aktien zu kaufen wagten, spekulativ gewonnen.

In Tokio legte der noch am Vortag um knapp vier Prozent abgestürzte Nikkei-Index 1,5 Prozent oder 245 Punkte zu und schloß bei 17.053 Punkten. Auch die anderen südostasiatischen Märkte, wie überhaupt das angeblich wankende Finanzsystem, zeigten sich erholt.

Eine Bank, mit guter Adresse in London, ist also pleite. So was kann passieren, auch in Deutschland, wie gestern Frankfurter Finanzkreise freimütig zugaben. „Es ist natürlich im Interesse der Banken, dies zu vermeiden“, meinte ein Sprecher der Deutschen Börse AG. Eine Gefahr für das Weltfinanzsystem wie in der Folge von 1929 sah gestern niemand mehr.

Spekulieren Sie also ruhig weiter, Herr Leeson! Die Gesamtweltwirtschaft wird's schon verkraften. Donata Riedel

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