Motto der Sekte „Kapital“

■ betr.: „Scientology-Firmen im Wohnungsmonopoly“, taz vom 18./19. 2. 95

Das Motto „Geld zu mehr Geld machen“ ist nicht das Motto der Scientology, sondern das der ganz normalen kapitalistischen Gesellschaft, für die der Staat, Politik, Kirche, Presse etc. das Ihre tun. Als hätte der Autor das Buch einer fundamentalistischen Katholikin aus Schwaben gelesen, wird hier über eine Sekte, d.i. eine sich (noch) nicht durchgesetzte Gruppierung, unbeschadet der Frage, was diese überhaupt inhaltlich vertritt, hergezogen. Dies im Gleichklang mit den Ex-Sekten, die heute Sektenbeauftragte stellen, und die natürlich jede neue Sekte schon aus Konkurrenzgründen beargwöhnen und die der Staat entsprechend behandelt.

Würde dagegen untersucht, was denn die „Sekte“ von ihren Konkurrenten unterscheidet, käme schnell heraus, daß die Differenzen gar nicht so groß sind. Und damit keiner auf die Idee kommt, das wäre eine positive Stellungnahme für die Sekte: Sie ist es nicht! Bei Zehntausenden allein in Berlin von den Wohnungsspekulanten Betroffenen fällt euch einzig auf, daß einige Spekulanten einer Sekte angehören. Das neue dabei ist, daß diese den Hinausspekulierenden eine Abfindung zahlen! Daß deren Motto „Geld zu mehr Geld machen“ identisch mit dem Motto der Sekte „Kapital“ ist, kriegt ein/e tazlerIn bestimmt nicht heraus, weiß sie doch schon nicht, was das überhaupt ist. Vielleicht verfügt sie ja selbst über einige Spekulationsobjekte in Eltern- oder eigener Hand. Zumindest ideell kann sie sich das vorstellen. Wenn er/sie nur kein Sektenmitglied ist. Sonja Thonat