Idol-Empfang?

■ betr.: „Kühler Empfang für die Stones“, taz vom 20. 2. 95

[...] Man will ja nicht bestreiten, daß die Kirche in Chile (und dazu der eine oder andere erzkonservative Verein) weit und breit Einfluß genießt. Wäre das nur die ganze Wahrheit. Präzisieren wir.

Dieser Einfluß hat eine offizielle aber nicht eine „fundamentalistische“ Wirkung. Potentielle Stones-Kunden jedoch „no están ni ahi“ zu deutsch: die erzbischöfliche und konservative Teufelsmalerei geht ihnen am Arsch vorbei.

Die Gründe liegen vielmehr woanders: Erstens die Plattenvermarktung: Anders als in Argentinien oder Brasilien, wo die Plattenindustrie ziemlich stark ist, werden in Chile seit 1973 kaum noch Platten produziert. Zweitens die teuren Eintrittspreise mit internationalem Niveau. Chile ist ein junges Land. 70 Prozent der Einwohner sind jünger als 35 Jahre. Welcher ernstzunehmende Junge hört denn heute noch altmodischen, frisch aufgepeppten, stark marketingorientierten R & B à la Rolling Stones, vor allem dort, wo sie sowieso schon immer weniger populär waren als in Argentinien? Zuletzt, um die Liste knapp zu halten, auch wegen des Sommerlochs (Jau, „da unten“ gibt es so was auch!): Santiago ähnelt zur Zeit einer Geisterstadt. Daß die Leute nicht zum Flughafen fahren, ist auch selbstverständlich: womit denn auch? Außerdem, welcher Mensch mit Verstand geht auf Idol-Empfang? Etwa hier in Deutschland? Es ist ja auch nicht wichtig. Oder will die taz hiermit eine PR-Kampagne für die ehemaligen Enfants terribles und Schwarze-Muke-Abzocker des Rock & Roll starten? Mauricio Fernandez-Ovalle,

Münster