piwik no script img

Freiheit klein geschrieben

■ Uche Nduka, Journalist und Dichter, lebt im Bremer Exil / Heute abend mit Gedichten und Gesang in den Weserterassen

„Wenn du erfährst, daß du auf der Liste stehst, gehst du besser“, sagt Uche Nduka. Und der Nigerianer ging – von Lagos nach Bremen. Ein glücklicher Zufall, daß der Journalist und Dichter ein Stipendium des Goethe-Instituts erhielt, just als es für ihn unter dem Militärregime General Sani Abachas heikel wurde. Seit November lebt er nun in der Hansestadt, im Exil mit ungewisser Zukunft.

Was das Leben in der Fremde für einen Menschen wie ihn bedeutet, darüber spricht Uche Nduka nicht gerne. Ebensowenig über das, was er verloren hat. Daß die Zeitung „Festac“, die ein Stadtgebiet von der Größe Bremens in Lagos bedient, ihn im Januar-Editorial noch als Herausgeber führte, läßt ihn nur lachen. Ihm gehe es ja noch gut im Vergleich zu vielen anderen Oppositionellen, sagt der junge Journalist, dem die deutsche Sprache noch schwer fällt. „In Nigeria sitzen viele Menschen ohne Prozeß in Haft, weil sie gegen die Militärdiktatur protestierten.“

Seit Herbst 1993 wird Freiheit in Nigeria besonders klein geschrieben. Damals ließ General Abacha den Wahlsieg des eigentlichen Gewinners der Präsidentschaftswahlen, Abiola, einfach annullieren. Proteste der Bevölkerung beantwortet das Regime seitdem mit Druck. Zeitungen werden gechlossen, Intellektuelle flüchten ins Ausland, berichtet Nduka, selbst Vorstandsmitglied des nigerianischen Schriftstellerverbandes ANA. Verfolgung treffe nicht nur die international bekannten. Selbst den Schriftsteller Wole Soyinka schützte der Literaturnobelpreis nicht. Heimlich, auf dem Landweg, verließ der Nigeria im letzten Herbst, nachdem seine Kritik an den politischen Zuständen öffentlich wurde.

„Man muß sich frei fühlen, bevor man kreativ arbeiten kann“. Dafür habe er immer gekämpft, sagt Nduka. Als das „Todesurteil“ gegen Salman Rushdie ausgesprochen wurde, organisierte er Proteste. „Wir dachten, heute trifft es ihn, morgen vielleicht uns. Das konnten wir nicht hinnehmen.“ Wie bald er selbst vor staatlicher Verfolgung fliehen würde, ahnte Nduka damals nicht. Zwar wurden seine Gedichte oft kritisiert, von Marxisten und Nationalisten gleichermaßen. Aber er blieb dabei: „Kunst kann man nicht domestizieren.“

Von einem weitgefaßten Freiheitsbericht und vom Humor des Autors berichtet ein Lied, das Uche Nduka über Nelson Mandela verfaßte. Er schrieb es in seiner Muttersprache, igbo, als er schon in Bremen lebte. Wann wird Mandela endlich frei sein, fragt Nduka darin. „Erst wurde er auf der Insel gefangen gehalten und nun ist er ständig von Sicherheitsleuten umringt.“ Wie schrecklich – ein Leben, in dem die spontane Begegnung mit anderen Menschen nicht möglich sei. Dann lacht Nduka: „Aber das sieht Mandela wohl anders als ich. Für ihn ist das wohl der Preis des erfolgreichen Kampfes.“

Was Uche Nduka über Bremen denkt? Darüber, und über Nigeria, wird er heute abend im Bürgerhaus Weserterassen Gedichte vortragen – und eigene Lieder: „Denn wenn die Musik fehlt, werde ich traurig.“ Wie bei Einsamkeit. Gegen die schrieb Nduka schon in Nigeria das Gedicht „Love Me In The Rain“. „Weil die Menschen sich weniger lieben, wenn es regnet.“

Eva Rhode

Heute abend um 20 Uhr beginnt die „Welt-Nacht“ in den Weserterrassen mit Beiträgen von Uche Nduka (Gedichte und Gesang) und dem Gambier Buba Jammeh (Gesang, Gitarre und Erzählungen).

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen