Wird Humboldt-Uni wieder abgebaut?

■ Neue Gerüchte um Erhardts „Giftliste“ / Landowsky gegen Architektur-Abwicklung / SPD: Der Senator ist gescheitert

Die Vorschläge für Einsparungen an den Hochschulen, die Wissenschaftssenator Manfred Erhardt (CDU) in der kommenden Woche veröffentlichen wird, sorgen weiter für Diskussionen bei Universitäten und Hochschulpolitikern. Wie der Tagesspiegel berichtete, werde Erhardts „Giftliste“ ohne die Medizin eine Sparsumme von 46 bis 47 Millionen Mark erbringen, von der die Humboldt-Universität mit 29 Millionen und die Hochschule der Künste mit 9 Millionen Mark die Hauptlast zu tragen hätten. Weitere 60 bis 90 Millionen Mark soll demnach die Hochschulmedizin beisteuern. Erhardts Pressesprecherin wollte diese Angaben weder bestätigen noch dementieren.

Der Fachbereich Architektur an der HdK setzte den Protest gegen die Schließungsabsichten fort. Die Hochschule lasse sich „ihren gesellschaftlichen Auftrag nicht einfach von irgendwelchen Hinterbänklern im Abgeordnetenhaus liquidieren“, sagte der Bauhistoriker Jonas Geist. Unterstützung bekamen die Architekten vom CDU- Fraktionsvorsitzenden Klaus Landowsky. Von Abwicklungsplänen des Senators sei ihm nichts bekannt, „eine solche Maßnahme würde von der CDU-Fraktion auch nicht unterstützt werden“.

Kritik kam ebenfalls vom Koalitionspartner SPD. „Die Politik von Erhardt ist gescheitert“, kommentierte deren Wissenschaftsexperte Bert Flemming den geplanten Abbau an der Humboldt-Uni. „Genau derjenige, der Humboldt hochgehoben hat, muß das wieder einsparen.“

Neben Juristen, Wirtschaftswissenschaftlern und Theologen sollen an der HU vor allem die Naturwissenschaften geschröpft werden, deren Umzug in den geplanten Technologiepark Adlershof eigentlich ein Vorzeigestück der Berliner Forschungspolitik werden sollte. Zudem haben sich in diesen Fakultäten die meisten Wissenschaftler aus dem Osten gehalten. Deshalb sieht die bildungspolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, Sybille Volkholz, hinter den Vorschlägen eine „Landowskysche Mentalität“. Sie forderte die Senatskoalition auf, den Beschluß zum Abbau von Mehrfachangeboten grundsätzlich zurückzunehmen, weil dieser die Wissenschaftslandschaft in Berlin nivelliere.

Die Kürzungen an der FU sollen vergleichsweise bescheiden bleiben. „Es hätte alles viel schlimmer kommen können“, zeigte sich Uwe Nef von der Pressestelle erleichtert. Gleichwohl stelle sich „kein Glücksgefühl“ ein. „Wir haben nicht vergessen, was schon gekappt worden ist.“

Die TU müßte nach Tagesspiegel-Angaben sechs bis sieben Millionen Mark beisteuern. Im Vier- Augen-Gespräch mit Uni-Präsident Dieter Schumann habe der Senator jedoch wesentlich höhere Zahlen genannt, sagte Vizepräsident Ulrich Steinmüller der taz. Er finde das Vorgehen „generell sehr bedenklich“, weil es „die Autonomie der Universitäten in Frage stellt“. Das Abgeordnetenhaus könne nur einzelne Professuren per Auflagenbeschluß streichen. Die Einstellung ganzer Studiengänge, wie es an der TU für Politologie und Soziologie geplant sei, müsse dagegen dem Akademischen Senat vorbehalten bleiben.

Steinmüller bezweifelte jedoch ebenso wie Volkholz, daß es noch in dieser Legislaturperiode zu Entscheidungen kommen wird. Weder der scheidende Senator noch die wahlkämpfenden Parteien dürften ein Interesse daran haben, sich mit schmerzhaften Entscheidungen die Finger zu verbrennen. Allenfalls sei zu befürchten, so Steinmüller, daß die Abgeordneten sich mit populistischer Polemik gegen die Hochschulen zu profilieren versuchten Ralph Bollmann