UNO-Hilfe für Bosnien gefährdet

■ Flughafen von Sarajevo zu / Kroatien für Truppenpräsenz der Kontaktgruppe

Sarajevo (rtr/AP) – Die Bemühungen der UNO, die Menschen in den bosnischen Kriegsgebieten zu versorgen, haben gestern neue Rückschläge erlitten. Der Flughafen von Sarajevo wurde nach erneuten Schüssen auf ein Transportflugzeug der UN-Blauhelmtruppen vorläufig geschlossen. Ein UN-Sprecher sagte, der Flughafen sei für humanitäre Hilfe zunächst für 24 Stunden gesperrt. Die Blauhelme hätten ihre Versorgungsflüge zunächst bis Samstag ausgesetzt.

Am Mittwoch hatten die bosnischen Serben bereits für die kommende Woche die komplette Abschottung Sarajevos vom Zugang über Land angekündigt. Nach Angaben des Sprechers des UN- Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in der bosnischen Hauptstadt, Kris Janowski, setzten die serbischen Belagerer sämtliche Transportgenehmigungen von Sonntag bis zum darauffolgenden Samstag außer Kraft, die die UN für Fahrten durch die von Serben gehaltenen Gebiete benötigt. Westliche Diplomaten in Sarajevo erklärten, die Serben hätten ihre Forderung nach dem Anteil der Landungen, der derzeit bei 23 Prozent liegt, drastisch erhöht. Dies hänge mit einer von den Serben erwarteten Offensive der bosnischen Regierungstruppen zusammen, denen auf diese Weise der Nachschub abgeschnitten werden solle. Die Vorräte in den Lagern von Sarajevo reichen nach UN-Angaben noch für etwa drei Wochen.

In der eingeschlossenen Stadt Bihać im Nordwesten Bosniens sind die Lager dagegen praktisch leer. Gestern widerriefen die Serben in der kroatischen Krajina überraschend eine bereits erteilte Durchfahrerlaubnis für zwei Konvois mit Hilfsgütern. Ein UNHCR- Sprecher sagte, es sei offensichtlich, daß die Krajina-Serben versuchten, den Hunger in der vorwiegend von Muslimen bewohnten Enklave als Waffe zu nutzen. Ein dritter Konvoi lag den UN-Angaben zufolge bei Topusko auf serbisch kontrolliertem Gebiet bereits den dritten Tag fest.

Mit Blick auf den für kommenden Montag angekündigten Besuch des US-amerikanischen Balkanexperten Richard Holbrooke brachte die kroatische Regierung in Zagreb unterdessen eine Alternative zur UN-Schutztruppe Unprofor ins Gespräch. Denkbar sei, daß eine Eingreiftruppe unter Aufsicht der Bosnien-Kontaktgruppe die Aufgabe übernehme, die Grenzen Kroatiens gegen unerwünschte Waffenlieferungen an die Krajina-Serben zu sichern, sagte ein Vertreter des Außenministeriums. In der Zeitschrift Globus hieß es demgegenüber ohne Angaben von Quellen, die UN- Truppen würden „sehr wahrscheinlich“ mit einem neuen Mandat und einem neuen Namen im Lande bleiben können.

UN-Generalsekretär Butros Ghali sprach unterdessen von einer „Katastrophe“, sollten die UN- Truppen aus Kroatien abgezogen werden. In diesem Falle scheine eine Beendigung des UN-Mandats im benachbarten Bosnien die logische Folge, da die Stützpunkte in Kroatien die Versorgungsbasis der Mission in Bosnien seien.

In Paris trafen sich gestern abend die Mitglieder der Bosnien- Kontaktgruppe, der Frankreich, Deutschland, Großbritannien, Rußland und die Vereinigten Staaten von Amerika angehören. Im Mittelpunkt der Gespräche stand die Antwort der serbischen Führung auf die jüngsten Vorschläge der Gruppe.

Die Kontaktgruppe hatte Serbien Entlastung von den UN- Sanktionen versprochen, wenn dieses im Gegenzug Kroatien und Bosnien anerkenne. Der serbische Präsident Slobodan Milošević hatte jedoch angedeutet, eine Kooperation Restjugoslawiens werde es nur nach einer Aufhebung der Sanktionen geben.