■ Die deutschen UrlauberInnen wird es freuen: Das Eis an Italiens, Frankreichs, Spaniens, Portugals, Floridas Stränden wird immer billiger und schmilzt langsamer als manche Devise...
: Die starke Mark: Mehr Schein als Sein?

Die deutschen UrlauberInnen wird es freuen: Das Eis an Italiens, Frankreichs, Spaniens, Portugals, Floridas Stränden wird immer billiger und schmilzt langsamer als manche Devise. Wie erklären sich die internationalen Währungsturbulenzen?

Die starke Mark: Mehr Schein als Sein?

Wer am Wochenende eine Million Peseten in D-Mark umgetauscht hat und gestern früh aus dem Bett gekommen ist, kann sich die Hände reiben: Beim Rückkauf der spanischen Währung hat sich sein Vermögen über Nacht um dreißigtausend Peseten erhöht. Zu verdanken hat er das dem Währungsausschuß der Europäischen Union, der am frühen Montagmorgen auf Antrag der spanischen Regierung zusammenkam und den portugiesischen Escudo um 3,5 und die Peseta um 7 Prozent gegenüber den anderen Teilnehmern im Europäischen Währungssystem (EWS) abgewertet hat.

Die Finanzpolitiker hoffen jetzt auf die Stabilisierung der beiden Schwachwährungen, ohne daß die Zentralbanken der anderen Länder weiterhin Millionen Peseten und Escudo aufkaufen oder die betroffenen Länder ihre Devisenreserven auf den Markt werfen müssen – so, wie es das EWS vorschreibt. Doch noch im Laufe des Vormittags wurde das Geld der Iberischen Halbinsel abermals um jeweils etwa 2 Pfennig billiger.

Dann kamen die anderen Währungen. „Nachdem der Markt gegen die Peseta und den Escudo spekuliert und dabei Geld gewonnen hat, ist die Versuchung groß, den Franc anzugreifen“, meinte gestern ein Börsenteilnehmer. Tatsächlich verlor auch die französische Währung gegenüber der D-Mark mehr als 1 Pfennig, und die seit September 1992 aus dem Europäischen Währungssystem ausgeschiedene italienische Währung erreichte mit 1.205 Lire für eine Mark ein Rekordtief.

„Im Kasino-Kapitalismus ist die Mark zur Zeit die Fluchtwährung“, konstatiert der Bremer Wirtschaftsprofessor Rudolf Hickel. Keine andere Währung erscheine den Anlegern zur Zeit so sicher wie die deutsche. Die Bundesbanker, die nach Bekunden ihres Ex- Chefs Schlesinger unter jedem Kieselstein die Inflationsgefahr wittern, entscheiden im Zweifel immer für eine starke Mark. Den Exporteuren ist das gar nicht recht: Ihre Waren werden auf dem internationalen Markt teurer.

Weil die D-Mark als sicherer Parkplatz fürs Kapital erscheint, hat sie zur Zeit sogar noch mehr Anziehungskraft als der japanische Yen und der Schweizer Franken. „Unsere Währung ist noch lange nicht so weit, daß sie Leitwährung sein könnte“, versucht Detlef Stark, amtlicher Kursmakler an der Frankfurter Börse, abzuwiegeln. Die D-Mark-Stärke sei nur die Schwäche der anderen.

Und damit meint Stark vor allem den Dollar, der gestern ebenfalls abstürzte.

Zeitweise wurde die US-Währung, in der zwei Drittel des internationalen Handels abgewickelt werden, in Tokio sogar für nur 1,3860 Mark verkauft. Dann erholte sich der Kurs zwar etwas, aber manche Fachleute rechnen mit einem Fall bis auf 1,30 Mark.

„Die Wirtschaftsdaten erklären den Dollarkurs nicht mehr“, hat Hickel in den letzten Monaten beobachtet. Während Peseta und Escudo die Probleme der Länder widerspiegelten, sei der Absturz des Dollars in erster Linie auf Spekulation zurückzuführen. Weder die Inflationsrate, die erwartete Produktion noch die Entwicklung der Leistungsbilanz rechtfertige einen solchen Dollarverfall.

„Spekulation aber setzt nur da an, wo reale Probleme existieren“, versichert Stark. Und da stehe es in den Vereinigten Staaten mit ihrem immensen Handelsbilanzdefizit nicht gerade zum besten.

Tatsächlich hat die Finanzkrise in Mexiko die US-Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen, weil die Ökonomien der beiden Länder eng verflochten sind. „Wenn ein Wirtschaftspartner in Turbulenzen gerät, zieht das auch den anderen mit hinein“, so Stark. Und die mexikanische Peso-Krise, die die USA mit einer 20-Milliarden Dollar-Hilfe abzuwenden versuchten, ist keineswegs vorbei – der Peso verliert weiter an Wert.

Letzte Woche geriet der US- Präsident dann unter Druck einer Koalition aus konservativen Republikanern und linken Demokraten. Gemeinsam kritisierten die Abgeordneten die staatlichen Kredite als Rettung reicher Investoren, während die mexikanische Wirtschaft so oder so in eine tiefe Rezession schlittere. Mit einer Resolution forderten sie die US-Regierung auf, alle Unterlagen über die Mexiko-Hilfe herauszurücken.

Hinzu kommt, daß der Vorsitzende der US-Notenbank, Alan Greenspan, im letzten Jahr immer wieder die Zinsen angezogen hat, was allgemein als Zeichen der Angst vor einer Inflation gewertet wurde. Anleger hassen das. Vor allem hiermit erklären die Börsenkenner das Abschmieren des Dollarkurses, das schon vor neun Monaten begonnen hatte. Aber auch als Greenspan vor kurzem meinte, eine Überhitzung der Wirtschaft in den USA sei nicht mehr zu erwarten – im Gegenteil, eine Verlangsamung des Wachstums sei absehbar –, nahmen die Spekulanten das als ein schlechtes Zeichen. „Mit Sicherheit kann man Greenspans Äußerungen als Tritte gegen die Clinton-Regierung verstehen, weil die Regierung zuwenig gegen die immense Staatsverschuldung tut“, meint Hickel. Denn obwohl Clinton vor zweieinhalb Jahren mit der Zusage angetreten ist, das Haushaltsdefizit massiv einzudämmen, ist so gut wie nichts passiert. Die USA sind das größte Schuldnerland auf dem Globus.

Der amtliche Kursmakler Detlef Stark aber sieht die Währungsturbulenzen trotz allem nicht dramatisch. „Die Devisenmärkte haben schon einiges andere verkraftet“, beruhigt er. „Es ist kein Crash zu erwarten.“ Annette Jensen