: Frauentag – und wer geht hin?
■ Initiatorinnen: Frauenparlament soll institutionalisierte und autonome Bewegung verbinden
Über 300 Einladungen verschickten die Initiatorinnen der Veranstaltungen, um möglichst viele Frauen am Internationalen Frauentag zu beteiligen. Das Ergebnis war lau: Die Vertreterinnen des Kommunikationszentrums belladonna, die Frauen des DGB und der ZGF blieben bei den Vorbereitungen weitgehend unter sich.
„Das ist nicht unbedingt unser Tag“, erklärt Anna Postmeyer vom Frauenkulturhaus Thealit. Der Gedenktag entstamme eher der sozialistischen Tradition, zu der die autonome feministische Szene schon immer kritische Distanz geübt habe. Der 8. März sei eher ein Anliegen der institutionalisierten Frauenbewegung, die mit der Umsetzung gesamtgesellschaftlicher Forderungen eine andere Strategie als die autonome Szene verfolge. „Wir arbeiten hier an einem konkreten Projekt, haben zum Beispiel das Lokal aufgebaut und kümmern uns um Vernetzung.“ Anna Postmeyer stimmt zu, daß die diesjährige Forderung des Frauenbündnisses nach „eigenständiger Existenzsicherung für Frauen“ auch das Frauenkulturhaus betrifft. „Ich würde dafür mein Unterschrift geben“, mehr sei aber allein von den Arbeitskapazitäten her unmöglich.
Knappe Arbeits- und Finanzressourcen führt auch Gitta Wegner, Geschäftsführerin des Frauenstadthauses, als Grund mangelnder Beteiligung am Frauentag an. Die Mitarbeiterinnen der vier im Haus tätigen Betriebe müssen alle an diesem Tag arbeiten: „Die Initiativen und Projekte sind so mit sich selbst beschäftigt, da ist das eigene Hemd erstmal näher als der Einsatz für allgemeine Forderungen.“ Dem Frauenstadthaus jedenfalls bringe ein Tag der Offenen Tür oder ein Gespräch mit der Landesgleichstellungsbeauftragten mehr, als mit einem Transparent auf den Marktplatz zu rennen.
„Daß wir nicht mitmachen, ist keine politische Entscheidung“, betont Christiane Pust vom Frauentherapiezentrum, „wir haben einfach nicht genügend Kapazitäten“. Mit zwei festen Mitarbeiterinnen und einer ABM-Kraft ist kaum der normale Alltag zu schaffen, zumal bis Ende März der von der Gesundheitssenatorin eingeforderte Rechenschaftsbericht fertig sein muß.
Das Plenum des Autonomen Frauenhauses setzt wie im vergangenen Jahr lieber auf eigene Aktionen: Eine Radiosendung über das Frauenhaus und die vom autonomen Frauen- und Lesbenplenum organisierte Knastkundgebung in Blockland (s. Terminkasten S. 22). Auch das Mädchen-Kulturhaus blieb den Vorbereitungen des Frauenbündnisses fern und initiierte eine eigene Veranstaltung zum Thema „Mädchen in der Schule“.
Und worin sehen die Initiatorinnen selbst den Sinn des Internationalen Frauentages? Maren Bock von belladonna verbindet damit die Hoffnung, daß sich die institutionalisierte und die autonome Frauenbewegung verbinden. Der 8.3. könnte dem Trend zur Isolation entgegenwirken: Im Frauenparlament haben nur Parteifrauen Redeverbot, alle anderen haben hier die Chance, sich zu äußern. „Da wird eine Krankenschwester reden, eine Postfrau, eine türkische Lehrerin. Wann hört man denn sonst von deren Problemen?“
Gewerkschafterin Monique Troedel, seit 12 Jahren Mitinitiatorin des Frauentages, führt die im Laufe der Jahre gesunkene Beteiligung auf die Überforderung der Frauen zurück und auf den Frust über gestrichene Zuschüsse: „Da ist einfach keine Kraft mehr, am 8.3. mitzumachen.“ Für die Gewerkschafterin selbst jedoch kein Grund aufzuhören. Im Gegenteil, denn die Politik gehe geradewegs zurück: „Wir können dasselbe fordern wie vor 15 Jahren. Das Alte hat sich nicht erledigt.“
Christel Schütte, Öffentlichkeitsreferentin der ZGF, findet es schwierig, einen Frauentag mit einem Programm zu machen, das noch attraktiv ist für alle. Die Frauenbewegung habe sich weitgehend professionalisiert, habe sich Arbeitsplätze geschaffen. „Da ist es schwierig, einen Basisanspruch aufrechtzuerhalten“, zumal es überall an Geld fehle. Damit haben sich auch die Bewegungsformen geändert, analysiert Christel Schütte, das Bündnis verzichtete daher in diesem Jahr auf eine Demonstration. „Wir müssen uns von festgelegten Ritualen verabschieden.“
Damit aber meint sie nicht den 8. März, der noch immer die verstärkte Aufmerksamkeit auf die Belange der Frauen zu richten vermag. Und die, so Christel Schütte optimistisch, seien auf allen gesellschaftlichen Ebenen aktiv: „Es gibt nicht mehr die Frauenbewegung, aber mehr Frauen denn je sind in Bewegung.“ Dora Hartmann
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