: Tragen Feministinnen nun Ökoschlappen oder Modellkleider? Junge Frauen in Ost und West sehen das sehr verschieden. Einig sind sie sich in einem: Das Abo auf den Scheuerlappen lehnen sie dankend ab. Aufgezeichnet von Sonja Schock und Anja Dilk
Feministinnen tragen figurbetont
Ich bin froh, daß die Frauen endlich Mut gefunden haben, sich gegenüber den Männern durchzusetzen. Jetzt haben auch Frauen Arbeitsplätze, von denen man früher gesagt hat, daß sie nur für Männer geeignet sind. Heute kann auch eine Frau Immobilienmaklerin sein und hat sogar in der Politik etwas zu sagen. Wir Frauen werden von Männern akzeptiert und lassen uns nicht unterdrücken. Ich denke, Feministinnen halten wenig von Männern. Sie halten mehr mit Frauen zusammen und haben Gruppen, in denen sie für bestimmte Rechte kämpfen. Ich bin keine Feministin. Ich hab seit mehreren Jahren einen festen Freund und bin glücklich mit ihm. Wenn Männer im Unrecht sind, würde ich schon gemeinsam mit anderen Frauen dagegen kämpfen. Aber manchmal haben natürlich auch die Männer recht. Eine ideale Feministin ist für mich Madonna. Die Frau hat keine Grenzen.Adrianna, 22, Black Cats
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Mein Vater sagt immer, jeder Tag ist ein Frauentag. Da gibt es den 8. März 365 Tage im Jahr. Mein Vater hilft auch so im Haushalt und bringt Blumen mit. Wichtig ist, daß man sich gegenseitig mal kleine Freuden bereitet und den anderen nicht so selbstverständlich nimmt. Ich finde diesen ganzen Mann-Frau-Kram nicht so wichtig. Mensch-Mensch ist eigentlich wichtiger. Ich stelle mir vor, daß Feminismus wie eine Religion ist. Klar gibt es Sachen, wo man sagt, typisch Mann, typisch Frau. Aber ich denke, daß es doch mehr gleichberechtigt ist. Ich würde am liebsten alles haben: Familie und Arbeit. Wenn ich Vollzeit arbeiten würde, würde das aber wohl mit der Familie nicht so klappen. Da bräuchte ich einen Mann, der genug Geld verdient. Da würde ich dann auf Teilzeit runtergehen. Nur Hausfrau, da würde ich kaputtgehen.Julia, 19, Black Cats
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Feministinnen sind unheimlich harte Frauen. Es gibt aber einen Unterschied zwischen Feministin und Feministin. Einerseits sind das Karrierefrauen, die nur auf ihre Karriere pochen, und Familie kennen sie in dem Sinne überhaupt nicht. Ein Mann, na ja, mal so nebenbei vielleicht. Und dann andererseits die Feministinnen, die sich ein bißchen gegen das männliche Geschlecht stellen. Die sind meistens auch sehr ökologisch orientiert. Wenn mich jemand als Feministin bezeichnen würde, würde ich das als Schimpfwort ansehen. Das würde ich nicht so toll finden. Das wird ja doch mit Emanze gleichgesetzt: ein Topf, einmal rumgerührt und das gleiche Produkt. Obwohl, wenn man vom Lateinischen Begriff feminin ausgeht, dann ist das ja eigentlich was Schönes. Das weibliche Geschlecht. Ich hab' schon seit längeren Jahren einen Freund, und wir leben auch zusammen. Wir sind gleichberechtigt, mal wäscht er ab, mal wasch ich ab, das klappt gut. Solche Männer, die sich abends mit ihrem Bier in den Sessel setzen und sich das Essen vorsetzen lassen, von denen halte ich überhaupt nichts. So einen hatte ich in meiner Abiturklasse. Da hab' ich gesagt, na du müßtest mal unter meine Fittiche kommen! Ich würde meinem Freund 'nen Vogel zeigen und sagen, dann mach mal selber!Sandra, 23, Black Cats
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Ich stell' mir unter einer Feministin eher eine Frau vor, die sehr weiblich ist und ihre Weiblichkeit auch ausnutzt, mehr so wie Marilyn Monroe. Wenn mich jetzt jemand als Feministin bezeichnen würde, würde ich das nicht als schlimm empfinden. Bei meinem Freund ist es so, daß er mich sehr verwöhnt, gar nicht, daß ich diese typische Frauenrolle übernehme, sondern er kocht das Essen und wäscht ab, und ich brauch' gar nichts machen. Ich könnte mir vorstellen, wenn Kinder da sind, mal eine Zeit nicht zu arbeiten, aber nur, wenn ich weiß, daß ich dann sicher wieder in den Job reinkomme. Was ich mir nicht vorstellen kann ist, daß mein Mann zu Hause bleibt und auf die Kinder aufpaßt. Ich glaube, Männer werden nicht so leicht damit fertig, den Haushalt zu übernehmen und die Kinder zu versorgen. Ich hab das bei meinem Vater erlebt. Der mußte ein Jahr zu Hause bleiben, weil er arbeitslos war. Der war nur schlecht gelaunt. Ich glaube, das ist schon mehr typisch, daß die Frau auf die Kinder aufpassen muß.Franzi, 18, Black Cats
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Ich denke, eine Feministin, das ist eine typische Karrierefrau, die sich feminin oder auch maskulin kleidet, eher hübsch, nicht so in Jeans, die auch ihre Meinung vertritt und sich durchsetzen kann. Eine Frau, die zum Beispiel Steuerberaterin ist, also eher einen Männerberuf hat. Für mich ist der 8. März wie ein ganz normaler Tag, weil die Frau heute genauso ist wie ein Mann und sich durchsetzen kann. In anderen Ländern sind die Frauen noch unterdrückt, aber in Deutschland nicht. Ich würde später am liebsten halbtags arbeiten, damit ich noch Zeit zum Bummeln habe und für meine Hobbys. Der Mann kann ruhig ganztags arbeiten. Wir bringen ja auch die Kinder auf die Welt und haben damit dann auch mehr zu tun.Julia, 15, Black Cats
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Ich seh' den Frauentag als was Politisches. Jetzt kommen mehr Rufe „Emanzipation, das ist ein alter Hut“, und die Frauen, die sich dafür einsetzen, die werden ein bißchen verschrien. Auf dem Gebiet der Gleichberechtigung muß aber noch unheimlich viel gemacht werden. Bei mir in der Familie hab' ich meiner Mutter was zum Frauentag geschenkt. Sie hat aber was zum Muttertag erwartet. Den hab ich prinzipiell unter den Tisch fallen lassen. Denn was ist mit den ganzen Frauen, die keine Kinder bekommen können? Also eine Familie kann ich mir nicht vorstellen. Mann, Kind, trautes Heim und alles ist schön – daran glaub' ich nicht. Mit 19 habe ich erst Männer kennengelernt. Da hab' ich mich selbst in diese typische Frauenrolle reinbegeben. Ich hatte das Gefühl, daß ich mich freiwillig zurücknehme, zurücksetze. Das war einfach so, obwohl ich das widerlich fand. Eine Feministin stelle ich mir auf keinen Fall so vor wie dieses Schreckbild von einer Frau, die sich nicht kämmt und mit Ökolatschen rumläuft. Für mich ist das eine, die einfach das macht, was sie möchte, verwirklicht, wovon sie träumt. Die sich nicht an irgendeine Rolle hält. Im Ferienlager hab' ich Kinder betreut, eine Gruppe, in der bis auf ein Mädchen nur Jungs waren. Als ich sagte, wir gehen heut Blumen pflücken, meinten die, du spinnst wohl, und dann hat's doch allen Spaß gemacht, als sie den riesigen Strauß auf dem Tisch hatten – obwohl es etwas Feminines war.Constanze, 20, Lotte
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Am Frauentag sollten die Frauen schon mal auf den Putz hauen. Die Männer müßten ihre Einstellung mehr ändern und lernen, daß eine Frau genausoviel leisten kann wie ein Mann. Manche sagen, ich denke wie ein Mann, doch im Endeffekt denke ich einfach ganz normal. Insgesamt ist da halt immer noch der Daumen drauf: Die Frau ist immer noch das liebe kleine Ding und der Mann groß und kräftig. Das ist ein altes Vorurteil. Ein Mann muß sich genauso mal anlehnen wie eine Frau, nur daß es meist nicht so gezeigt wird. Mir ist ein Softie lieber, bei dem man weiß, der hat auch Gefühle. Das ist besser als so ein Cooler. Eine Feministin ist für mich eine, die ziemlich viel Wert auf Weiblichkeit legt, sich elegant anzieht, figurbetont und so. Die Kumpels, die ich habe, sehen mich eher als Kumpel und nicht so als Frau. Wenn ich dabei bin, machen sie allerdings keine Witzchen über Frauen, weil sie wissen, daß da etwas zurückkommt. Das laß ich mir nicht gefallen. Frauen sollen in gesellschaftlichen Sachen nicht so das kleine Mädchen raushängen lassen. Ich weiß nicht – daß die sich nicht selber blöd vorkommen! In der DDR wurde nach außen hin zwar behauptet, daß die Frauen gleichberechtigt waren. Im Endeffekt war das aber nicht so. Im großen und ganzen hat's jeder so gehalten wie er's wollte. Im Westen sind die Frauen unterkühlter, abgebrühter mit dem Leben. Drüben ist die Karriere wichtiger, Kinder kommen später. Auch wenn die Frauen im Osten mehr gearbeitet haben, haben sie mehr Familiensinn.Emöke, 19, Lotte
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Für mich hat der Frauentag keine Bedeutung, weil er in der Männergesellschaft totgeschwiegen wird. Früher wurde so viel Aufhebens davon gemacht, und heute will man das nicht mehr haben. Ich möchte Familie haben, aber mehr locker, es muß sich so ergeben. Ich könnt' mir vorstellen, später Kinder alleine großzuziehen, jedenfalls eher, als mit einem Mann zusammenzuleben, der mir nicht so entspricht. Man sollte die Unterscheidung zwischen Jungs und Mädchen nicht so hervorheben. In dem Sinne, daß die Jungs das starke Geschlecht sind und die Mädchen nur dazu da, um den Mann positiv zu unterstützen oder sein Image hochzuhalten. Im Beruf werden Frauen oft gar nicht so richtig ernst genommen. Bei einem Vorstellungsgespräch ist mir das aufgefallen. Da war einer mit einer Pfeife im Mund und grinste so blöd, war so schmierig und schleimig. Man wird als Frau oft nicht akzeptiert. Es gibt aber auch viele Frauen, die hochkommen und Karriere machen. Von dem Vater meiner Freundin wurde ich schon so halb als Feministin bezeichnet. Für mich sind Feministinnen einfach Frauen, die sich für ihre Rechte einsetzen. Eigentlich steckt doch in jeder Frau eine kleine Feministin.Silvia, 18, Lotte
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Ich find's nicht so gut, daß man an einen Tag so viel hängt. Daß es so einen Frauentag gibt, an dem wir sagen, wir sind auch noch da, und wir möchten das verwirklichen, was wir wollen. Es sollte das ganze Jahr über Teil des Lebens sein. Zu viele Frauen lassen sich in das alte Frauenbild der Hausfrau hinter dem Herd pressen. Zur Zeit ist im Osten dieses Zurückgepreßtwerden viel größer als zu DDR- Zeiten. Ich nehm' das jetzt total kraß wahr, das sticht ins Auge. Das sollte endlich abgelegt werden. Mehr Frauen sollten sich engagieren. Dann würden sie eine größere Anerkennung erfahren, auf seiten der Männer, aber auch auf seiten der Frauen. Am meisten nervt mich, wie sich Frauen oft selbst betrachten. Entsprechend betrachten die Männer sie dann ja auch. Wenn ich mich von vornherein in diese Schublade stecken lasse, so in dem Sinn: Ich bin die Frau, die höchstens dran denkt zwei Kinder zu haben, und das ist mein Lebenssinn. Das ist natürlich das Einfachste für die Männer, weil sie auf keinen Widerstand stoßen. Ich finde, das Wort Feministin hat so 'ne negative Bedeutung. Bei vielen ist doch in den Köpfen, daß eine Feministin so eine knöchrige olle Tusse ist. Versucht sich eine Frau von dem klassischen Bild zu lösen, wird sie als Feministin bezeichnet und als männerfeindlich. Aber das ist ja nicht unbedingt miteinander verbunden. Ich find's ganz gut, daß einige Frauen versuchen, sich so zu beweisen.Ildiko, 19, Lotte
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