„Wir brauchen eine neue Normalität“

■ Frauenparlament tagte in der vollbesetzten Bürgerschaft

Frauenquote 100 Prozent (statt der üblichen 37), das galt am gestrigen Frauentag in der Bürgerschaft. Zum zweiten Mal nach 1993 tagte das „Frauenparlament“ im vollbesetzten Plenarsaal und debattierte das Thema „eigenständige Existenzsicherung für Frauen“. Den Platz des Bürgerschaftspräsidenten nahm die Landesfrauenbeauftragte Ulrike Hauffe ein, und eine Handvoll der „echten“ Abgeordneten besetzten ausnahmsweise die SenatorInnenbank – schweigend, gemäß dem Motto „heute reden die, die sonst nicht so leicht das Wort haben“. Der Parlamentsausschuß ,Frauen' hatte geladen, „um sich Anstöße zu holen, die wir in die Politik einbringen können“, so dessen Vorsitzenden Maria Spieker.

Eine „neue Normalität“ im gesellschaftlichen Leben forderte die Referentin Birgit Pfau-Effinger von der Uni Bremen – ein System, das Frauen entgegenkommt und ihnen Unabhängigkeit zusichert. Über Frauen- und Elternförderpläne, eine flexiblere Gestaltung der Lebensarbeitszeit, volles Gehalt bei Teilzeitarbeit und ein gesichertes „Bürgereinkommen“, das die Sozialhilfe ablöst, soll der Weg in die humanere Gesellschaft geebnet werden.

Umstrukturierung der Arbeitswelt, ungeschützte Beschäftigungsverhältnisse, ehrenamtliche Arbeit, Teilzeit, Ausbildungs- und Karrierechancen, diese Themen diskutierten die Frauen dann im einzelnen. Zu Wort kamen (bis Redaktionsschluß) allerdings nicht gerade unbekannte Frauen aus dem feministischen Spektrum Bremens: die Politologin Erika Riemer-Noltenius kritisierte die „falsche Verteilung des Geldes“, die Gewerkschafterin Gabi Grete-Kellerhoff die Verlagerung von staatlichen oder kirchlichen Regelaufgaben auf von Frauen geleistete ehrenamtliche Arbeit, ihre Kollegin Monique Troedel den Undank für ebendiese Arbeit (“die Männer haben die Ehre, wir das Amt“).

Eine Krankenschwester berichtete über die Veränderung der Arbeitsverhältnisse durch die Umstrukturierung in den Krankenhäusern, eine Angestellte bemängelte, daß Frauen nach der Kinderpause in ungeschützte Arbeitsverhältnisse abgeschoben oder gekündigt wurden.

Nachhaltige Folgen wird diese Debatte über das Frauen-Erwerbs-Leben nicht haben: Anträge oder Anfragen des Frauenparlamentes werden von der Bürgerschaft nach „good will“ behandelt. Über Sinn und Unsinn eines solchen „Parlamentes“ waren sich denn auch viele der Gästinnen nicht einig. Doch wie auch schon das Kinder- und das Behindertenparlament und womöglich demnächst auch das Parlament für Menschen mit stark behaarten Beinen: „Symbole haben ihre Wirkung“, so Maria Spieker.

skai