■ Daumenkino: Stargate
Roland Emmerich hat einen neuen Film gemacht, natürlich wieder nach dem Baukastenprinzip. Der Schwabe nimmt hier ein bißchen vom alten Kassenmagneten, da einen Klotz bewährte Special Effects und gerne auch einen ganz dicken Brocken Steven Spielberg. Los geht's diesmal wie bei „Indiana Jones“: Im Jahre 1928 wird in der Nähe der großen Pyramide von Giseh ein riesiger metallischer Ring mit seltsamen Verzierungen gefunden. 65 Jahre später entlarvt der spleenige Ägyptologe Daniel Jackson (James Spader), die Zeichen als Kritzeleien von Außerirdischen. Sofort wird ein Trupp Ledernacken engagiert und samt Wissenschaftler durchs Sternentor geschickt, das sich als „Time Tunnel“ entpuppt und inzwischen genauso aussieht wie die Wasserwand in John Carpenters „Die Fürsten der Dunkelheit“. Der Chef der Truppe wird böse biestig von Kurt Russell gegeben, der – man kann ja nie wissen – neben seinem großkalibrigen Sturmgepäck auch noch eine Atombombe mit in die neue Dimension schleppt. In Oz angekommen ist zunächst vom Wizard nichts zu sehen, dafür läuft den Kämpen aber eine Kreatur aus „Star Wars“ über den Weg. Dann sind wir plötzlich mit Lawrence in Arabien, bevor die Geschichte wie „Time Slip“ weitergeht. Wir befinden uns zwar nicht im Japan des 16. Jahrhunderts, sondern in ... Ja, wo eigentlich? Egal, jetzt sind die Tricks dran. 380 digitale Effekte wollen erst mal weggeguckt werden. Roland Emmerich beweist Erich von Däniken, daß der doch Recht hatte mit seinen Astronauten- und Götterspinnereien. Die Pyramide in der Wüste ist nur eine Andockstation für ein riesiges Raumschiff. Die Raumfahrer sind selbstverständlich böse, sonst hätten die Marines ja nichts zu tun. Der Oberschurke wird, ein besonders lustiger Einfall von unserem Roland, von Jaye Davidson (der Transsexuelle aus „The Crying Game“) gespielt. „Josephine Baker als Darth Vader“, spottete Cinema. Es folgt also eine 45minütige Ballerei, während der man die Frage „Kennen Sie Kino?“ ein bißchen aus den Augen verliert. Zum Schluß verliebt sich der Wissenschaftler, und Kurt Russell gibt Josephine Baker die A-Bombe zu fressen.
Zu ertragen sind die zwei Stunden Schwabenphantasie eigentlich nur mit einem äußerst schlichten Gemüt oder stoned. Wer das eine hat oder das andere ist, kann sich nach der Vorstellung gleich das Spiel zum Film besorgen. „Stargate“ gibt es für Game Boy, Game Gear („Zweispieler-Battle-Modus“) und für SNES und Mega Drive („Heiße Feuergefechte, 9 abwechslungsreiche Levels“). Alle anderen müssen damit leben, daß das Geheimnis der Pyramiden wieder nicht gelöst wurde und Roland Emmerich verdammt viele Filme gesehen hat. Karl Wegmann
Roland Emmerich: „Stargate“. Mit: Kurt Russell, James Spader und anderen. USA, 1994, 120 Min.
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