Das Kind als Hund

■ „Schönes-Wochenende-Ticket“: Mit Kind, Kegel und Hamster, aber ohne Hund

Rosi H.* wollte sich ein schönes Wochenende machen. Also kaufte sie ein „Schönes-Wochenende-Ticket“ von der Bahn: Damit können fünf Personen für 15 Mark ein Wochenende lang in die Welt fahren. Rosi H. wollte nach Bielefeld. Zusammen mit Trixie. Trixie ist lieb, ruhig, hat schwarze Locken und „ein bißchen Pudel drin“.

Das Wochenende wurde kein schönes. In Hannover mußte Rosi H. aussteigen und wurde von der Bahnpolizei in Empfang genommen. Endlich wieder in Bremen, hat sie eine Rechnung der Bahn über 60 Mark in der Tasche. Grund: „Reisende konnte für den Hund keinen FS vorweisen.“

Denn, so der Schaffner: „Ein Hund ist keine Person.“ Das Fünf-Personen-Ticket gilt für ihn nicht. Rosi H. hätte einen extra Fahrschein lösen müssen. Einen Kinderfahrschein. Kind wie Hund zahlen die Hälfte. Auf dem Kinderfahrschein für Hunde steht geschrieben: „Ermäßigung: 50 Prozent / Grund: Kind“. Rosi H. versteht die Bahn nicht mehr: „Mal ist der Hund ein Kind, mal ist er Hund.“ Jetzt beschwert sie sich bei den „Zentralen Kundendiensten“ der Bahn in Schwerin.

Wir fragten die Pressestelle der Deutschen Bahn AG in Hannover: „Ist der Hund ein Kind?“ Hans-Jürgen Frohns von der Abteilung Kommunikation: „Der Hund ist ein Kind doch nur aus ausgabetechnischen Gründen. Im 15 Mark-Angebot ist der Hund also nicht drin.“

Versuchen wir es andersrum: Einen Koffer darf man doch auch kostenlos mitnehmen. Und Trixie ist ein 10-Kilo-Hund, also sogar weniger als ein Koffer. Wo hört denn da das Gepäck auf, und wo fängt das Tier an? Hans-Jürgen Frohns trägt es mit Fassung: „Das Gepäck hört da auf, wo man's nicht mehr tragen kann.“ Also: Die Katze darf mit, wenn sie – Kofferanalogie – in einem Behältnis transportiert wird. Selbiges gilt für Vögel, Hamster, Meerschweinchen. „Bei Fischen wird's natürlich problematisch.“ Und wenn ich nun für den großen Hund einen großen Koffer nehme? Herr Frohns: „Wenn der Hund das mitmacht, bitte!“ Jedenfalls: Behältnis muß sein, Henkel an Bernhardiner reicht nicht.

Dabei gilt der Hund rein juristisch seit 1990 nicht mehr als „Sache“. Sondern als „schmerz- und leidensfähiges Mitgeschöpf“, sagt Dr. Heidrun Betz vom Tierschutzbund in Bonn. Gerichtsvollzieher dürfen jetzt Tiere nicht mehr pfänden. Eine Gesetzesrevolution ist das nicht, findet Staatsanwalt von Bock und Polach. Sowieso: Ihm wär viel wichtiger, daß endlich deutsche Kinderzimmer größer werden. Aber na gut, sagt er: Dann sind eben Bruder Bandwurm und Schwester Zecke jetzt „Mitgeschöpfe“.

Zurück zum Thema: Ist ein „Mitgeschöpf“ nun auch dasselbe wie eine „Person“? Auf jeden Fall leidensfähig, hat jetzt das „Wehrschloß“ eingesehen, und damit fast eine Person: Dort verlangt man seit neuestem auch für Hunde Eintritt. „Weil die aus den Konzerten immer ganz verstört rauskommen“, sagt Mitarbeiter Peitsch. Zum Punk-Konzert am Samstag kam jetzt nur noch ein einziger Hund. cis

* Name von d. Red. geändert.