Hysteria Glockenhell

■ SchlapplacHHalde: Nessi Tausendschön präsentiert Liebesverhinderungssongs

Beim ersten Song sieht man sie nicht, aber die Stimme der Unsichtbaren prasselt in ohrenbetäubendem Charme wie ein Tongewitter auf das Publikum hernieder. Aber wer sich „Nessi Tausendschön“ nennt und Liebeslieder in der „SchlapplacHHalde“ zu Gehör bringt, schraubt konservative Erwartungen ohnehin auf Null.

Die Premiere des munter durch Deutschland tourenden kabarettistischen Duos (am Piano: Alexander Hopff) beginnt ungewöhnlich: Nessi animiert das Publikum, nach Hause zu gehen. Liebeslieder wolle sie sowieso nicht singen, sie sei auf Arbeiterlieder vorbereitet. Das kommt so trocken, daß die Gäste bereits unruhig auf ihren Stühlen herumrutschen.

Aber da erklärt sich Nessi gnädig zu Improvisationen bereit. Viele ihrer Liebesverhinderungssongs hat die Diva (so nennt sie sich) selbst geschrieben, zum Beispiel über Männer („Makel, Mangel und Erbrechen“). Alles ganz harmlose Geschöpfe im Vergleich zu „Hysteria Glockenhell“, die die neue Disziplin des Auf-das-Piano-Spingens begründet, um mit einer Bauchlandung schließlich im Bühnenhintergrund zu verenden. Nachdem sie die einheimischen Gewächse durch den gesanglichen Reißwolf gedreht hat, wendet sich Nessi mit filigraner Bösartigkeit den fremdländischen Liebesidolen zu. So persi-fliert sie mit dentalem Lächeln das sich ständig entschuldigende amerikanische Sternchen, („I said too much“) und präsentiert spanischen Hüftschwung samt Kastagnetten.

Nach der Pause („Betrinkt euch mal!“) wird die bisher unterhaltsame Show lang und länger. Dies können auch der fulminante Kostümwechsel (Brautkleid, zehn Meter Schärpe) und das Parlieren in aller Länder Sprachen nicht verhindern. Als nun auch Alexander Hopff, Student an der Dortmunder Musikhochschule, sich singend-witzelnd in Szene setzt und Nessi ihr Können in französischen Stöhnnummern verschwendet, ist der Zenit der Drei-Stunden-Show endgültig überschritten. Es ist noch nicht aus, und wir geh'n nach Haus, tsching tschingderassasabum.

Christoph Schlee

SchlapplacHHalde, Rentzelstraße 17, noch heute, 20.30 Uhr