Sanssouci
: Vorschlag

■ Hardcore mit Sullen, Shootyz Groove und downset. im SO 36

Man muß das mal so sehen: In einem Land, das die Todesstrafe nie wirklich abgeschafft hat und neuerdings deren Reaktivierung aus Gründen der Kostenersparnis wieder verstärkt diskutiert, in einem solchen Land darf man von Hardcore-Musikern auch nicht unbedingt Humor erwarten. Heutzutage hat ja fast jeder schon aufgrund des Dollarverfalls eine persönliche Besichtigung der USA hinter sich gebracht, aber dieses Alles-easy-Urlaubsgefühl mag so gar nicht mit den Klängen korrespondieren, die uns der US-Underground so serviert.

Da gibt es zum Beispiel Sullen, die zwar aus dem penetrant sonnigen Los Angeles stammen, aber auch dort gibt es hohe Drahtzäune, vor denen man sich grimmig guckend fotografieren lassen kann. Gitarrist DiNardo behauptet zwar, seine Haupteinflüsse seien Kiss, Led Zeppelin und der Blues, aber da hören die Witze dann auf. Es ist ein metal-beeinflußtes Punkvermächtnis, das nun schon seit einiger Zeit durch einen rappenden Sänger zeitgemäß erweitert wird.

Auch aus dem süßlichen Südkalifornien kommen downset., rocken aber noch rüder daher, mit vielen Four-letter-words und einem Vokalartisten, der sich ganz ernsthaft „Prediger“ nennt und doch der guten alten Hardcore-Shouter-Schule angehören könnte. Dann brüllt er „Anger“, ganz laut, oder schmeißt bei seinen Rap-Einlagen jede Eleganz des Rhymestyles über den Haufen. Die Gitarre rotiert gerne in tiefen Lagen, was dem daherkrachenden Zeugs eine ziemlich bedrohliche Note gibt.

Shootyz Groove zuletzt kommen aus New York, wo die Todesstrafe gerade eben wieder eingeführt wurde. Da hat es auch nichts genutzt, daß sich alle fünf in ihren Thanks-Listen gleich an erster Stelle bei Gott oder Jah bedankt haben. Musikalisch bieten sie allerdings ein weniger einheitliches Bild, freuen sich hin und wieder an dem ganz stumpfen Geprügel, um dann ein verträumt glänzendes Intro über irgendwelchen Samples zu spielen, die aus einer Umwelt stammen, die ihrer Platte den Namen gab: „Jammin in Vicious Environments“. Doch meistens rollt ihr Hardcore hart genug dahin, um ernst genommen zu werden, und funkt doch so rhythmisch, daß die Red Hot Chili Peppers rote Ohren bekommen sollten. Der Rock zieht hier im Vergleich zur L.A.- Konkurrenz zwar den kürzeren, ist aber nicht vergessen.

Ein Abend, der beweist, was die Beastie Boys so angerichtet haben. Deren Humor haben unsere drei Kapellen allerdings vergessen. Thomas Winkler

Am 11. 3. um 21 Uhr im SO 36, Oranienstraße 190, Kreuzberg