Clinton lädt zum Saint Adams' Day

■ Einladung der US-Regierung an Irlands Sinn-Féin-Chef verärgert die Briten und die nordirischen Unionisten

Dublin (taz) – Damit hatte selbst der Sinn-Féin-Präsident nicht gerechnet: Am Donnerstag abend erhielt Gerry Adams eine Einladung des US-Präsidenten Bill Clinton ins Weiße Haus. Adams soll am Freitag beim Empfang anläßlich des irischen Nationalfeiertages, des Saint Patrick's Day, dabeisein.

Es ist das erste Mal, daß die beiden zusammentreffen. Darüber hinaus darf der Vorsitzende der IRA-Partei Sinn Féin in den USA Spenden sammeln. Clinton gab damit dem Druck der irischen Lobby um Senator Ted Kennedy nach, die mit dem Boykott der Saint- Patrick's-Feier gedroht hatte.

Adams fliegt bereits heute nach Washington, wo er am Dienstag an dem Festessen zur Eröffnung des ersten Sinn-Féin-Büros in den USA teilnimmt – Preis pro Kopf: 200 Dollar. Adams sagte, daß Clintons Entscheidung „den Friedensprozeß voranbringen“ werde. Da auch der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, Newt Gingrich, seine Meinung geändert hat und Adams am Donnerstag gemeinsam mit dem irischen Premier John Bruton empfangen will, hat Sinn Féin einen Propagandasieg auf ganzer Linie errungen.

Die britische Regierung versuchte erst gar nicht, ihre Wut in diplomatische Worte zu kleiden. Ein Tory-Abgeordneter sagte, der engste Verbündete sei „uns schändlich in den Rücken gefallen“. Ein Regierungssprecher meinte, Clintons Entscheidung werde zu einer deutlichen Abkühlung der Beziehungen zwischen beiden Ländern führen. Nordirlandminister Patrick Mayhew war am Montag nach Washington gereist, um das Visum für Adams zu verhindern. Er denke mit Schrecken daran, daß „Gerry Adams dem Präsidenten der größten Demokratie der Welt die Hand schüttelt“, sagte Mayhew. Gleichzeitig steckte er in einer anderen Frage zurück: Er verlangte nicht mehr länger die Herausgabe sämtlicher IRA-Waffen als Vorbedingung für Gespräche mit Sinn Féin, sondern will sich mit einer „einfachen Geste“ begnügen. Adams räumte am Donnerstag ein, daß dieses Thema ganz oben auf die Tagesordnung gehöre. Es wird allgemein erwartet, daß die Gespräche noch vor Clintons Konferenz über US-Investments in Nordirland im Mai aufgenommen werden.

Die nordirischen Unionisten hingegen fühlen sich immer mehr hintergangen. Daran konnte auch die Stippvisite der englischen Königin, die auf Wunsch der Regierung am Donnerstag eine Brücke in Belfast eröffnete, nichts ändern. Jim Molyneaux und Ian Paisley, die Vorsitzenden der beiden großen unionistischen Parteien, haben ihre Teilnahme an Clintons Saint- Patrick's-Day-Feier gestern abgesagt. Ralf Sotscheck