Stolpe erneut belastet

■ Zweifel an Aussage zu Stasi-Kontakten

Berlin (taz) – Neue Unterlagen ziehen die Glaubwürdigkeit des brandenburgischen Ministerpräsidenten Manfred Stolpe (SPD) in Zweifel. In der Auseinandersetzung um seine Stasi-Kontakte hat der frühere Konsistorialpräsident der evangelischen Kirchen in der DDR stets behauptet, seine DDR- Verdienstmedaille aus den Händen des früheren Kirchen-Staatssekretärs Hans Seigenwasser erhalten zu haben – und keinesfalls von der Staatssicherheit, wie es die Stasi-Unterlagen nahelegen. Vor einem Landtagsausschuß hatte Stolpe anhand seines Terminkalenders rekonstruiert, er sei am 17. November 1978 am frühen Nachmittag in den Räumen des Staatssekretärs mit der Medaille ausgezeichnet worden. Er trat damit den Aussagen des Stasi-Offiziers Roßberg entgegen, der behauptet hatte, Stolpe persönlich die Auszeichnung vier Tage später in einer konspirativen Stasi-Villa übergeben zu haben. Der Widerspruch ließ sich nicht klären, auch weil Roßbergs Vorgesetzter, Stasi-Major Wiegand, Stolpes Ausführungen stützte.

Wie der Spiegel in seiner neuesten Ausgabe berichtet, war Staatssekretär Seigenwasser an besagtem 17. November aber „nachweislich außerhalb seines Berliner Amtssitzes, er nahm an einer Tagung mit Genossen der Bruderländer über sozialistische Kirchenpolitik teil“. Ein neu aufgefundenes Protokoll aus dem Kirchen-Staatssekretariat bestätigt zwar die Anwesenheit Stolpes am 17. 11. in der Dienststelle. Nur: Gegenstand des Treffens war keine Auszeichnung des Kirchenjuristen, sondern „eine Information zur Strafgefangenenseelsorge durch evangelische Geistliche“. Zugegen war danach nicht der Staatssekretär, sondern seine Mitarbeiterin Schuhmann- Fitzner, die auch das Protokoll anfertigte. Stolpe ist für den 20. März vor einen kirchlichen Ermittlungsausschuß geladen. Dieser soll prüfen, ob gegen den Kirchenmann wegen seiner Stasi-Kontakte nachträglich Disziplinarmaßnahmen eingeleitet werden müssen. Zu fürchten hat der Ministerpräsident wenig. Weil Stolpe nur „Kirchenbeamter im Wartestand ist“, berichtet der Spiegel unter Berufung auf den Ausschußvorsitzenden Kuthning, gebe es gegen Stolpe nur „wenige Disziplinierungsmöglichkeiten“. Wolfgang Gast