Berliner Tagebuch
: Wie eine Cocktailparty

■ Berlin vor der Befreiung: 14. März 1945

Foto: J. Chaldej/Voller Ernst

Am 13. März um neun Uhr abends wurde das Promi [Propagandaministerium] von einer Mine getroffen, die den im Palais des Prinzen Ferdinand vonPreußen untergebrachten Teil des Ministeriums zerstörte. Das Palais war eines der schönsten von Berlin. Es wurde im 18. Jahrhundert erbaut und von Schinkel im klassizistischen Stil umgestaltet. Goebbels war stolz darauf, daß sein Haus von Luftangriffen so gut wie verschont blieb. Er erblickte darin ein günstiges Omen. Ums Leben gekommen ist niemand. Aber die Wilhelmstraße wurde – wohl zum ersten Mal im Kriege – gesperrt, um den Aufräumungskommandos die Arbeit zu erleichtern.

Mittags erschien Frau Goebbels mit dreien ihrer Kinder und einem Luftwaffenhelfer in der Wilhelmstraße, um die Trümmerstätte zu besichtigen. Mit Nerzmantel und grünem Sammethut war sie wie für eine Cocktailparty zurechtgemacht. Hans Georg von Studnitz

„Als Berlin brannte“, Gustav Lübbe Verlag GmbH, Bergisch Gladbach 1985.

H. G. von Studnitz (geb. 1907), rechtskonservativer Journalist, 1932–1940 Auslandskorrespondent, 1940–45 Referent in der Presseabteilung des Auswärtigen Amtes, 1945 für sieben Monate inhaftiert, in den Fünfzigern Pressechef der Lufthansa, Mitarbeit bei verschiedenen konservativen Zeitungen.

Recherche: Jürgen Karwelat