Nato-Flieger über Sarajevo

■ Serbische Stellungen sollen nach Beschuß vom Sonntag lokalisiert werden

Sarajevo (AP) – Einen Tag nach den bislang schwersten Verletzungen der seit Jahresbeginn geltenden Waffenruhe in Sarajevo sind gestern Nato-Kampfflugzeuge über die bosnische Hauptstadt hinweggedonnert. UN-Vertreter erklärten, sie hätten die Nato um Aufklärungsflüge gebeten. Dabei sollten die serbischen Stellungen lokalisiert werden, von denen das Artilleriefeuer am Sonntag gekommen sein könnte. Insbesondere gelte es festzustellen, wie viele schwere Waffen in die 20-Kilometer-Zone um den Stadtkern zurückgebracht worden seien.

Dieser Bereich ist laut einem UN-Beschluß aus dem vergangenen Jahr Sperrgebiet für solche Geschütze. Die Vereinbarung wurde seitdem aber immer wieder verletzt, um so mehr, als die Vereinten Nationen gewöhnlich zögerten, in diesem Fall Nato-Luftangriffe anzufordern.

Bei dem Beschuß vom Sonntag war auch das Flugzeug getroffen worden, mit dem der UN-Sonderbeauftragte Yasushi Akashi in Sarajevo landete. Die Luftbrücke in die belagerte Stadt wurde daraufhin weitgehend eingestellt. Allerdings traf gestern der indonesische Präsident Suharto in der Stadt ein. Suharto, der Staatschef des bevölkerungsreichsten islamischen Staates ist, wollte mit der bosnischen Regierung die jüngste Lage erörtern. Zunächst hatte er jedoch eine Unterredung mit Akashi, der anschließend ins Hauptquartier der bosnischen Serben nach Pale weiterreisen wollte. Die Kämpfe vom Sonntag markierten einen schweren Rückschlag für die Bemühungen des UN-Beauftragten, die Kriegsparteien zu einer Verlängerung des viermonatigen Waffenstillstands über den 1. Mai hinaus zu bewegen.

Im Stadtzentrum von Sarajevo waren gestern nach Angaben des bosnischen Rundfunks nur noch vereinzelte Heckenschützen im Einsatz. Gelegentlich hätten die Serben auch Luftabwehrgeschosse auf Ziele am Boden abgefeuert, hieß es. Dagegen gingen die heftigen Kämpfe im Raum Bihać im Nordwesten des Landes weiter.

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