Unterm Strich

Aus Protest gegen Bezahlung und Arbeitsbedingungen ist der Opernchor der Mailänder Scala am Sonntagabend in Jeans und Pullover aufgetreten. Das Publikum hat mit Pfiffen reagiert, als die Sängerinnen und Sänger zum ersten Akt des „Mefistofele“ von Arrigo Boito nicht in den vorgesehenen farbenprächtigen Kostümen erschienen. Vom zweiten Akt an aber war die Aufführung ein großer Erfolg. Am gestrigen Dienstag beabsichtigte der Chor, erneut in Freizeitkleidung aufzutreten. Ob das aber Verbesserungen bringt, scheint zweifelhaft, es sei denn, sie bestünden schon darin, in Jeans und Pullover singen zu dürfen. Wir hier tragen solche Protestkleidung schon jahrelang, und nichts tut sich!

Achtung, Mißbrauchsfraktion! Wir übergeben euch hiermit zu treuen Händen einen neuen Fall, pikanterweise mit einer prominenten Frau als Täterin: Ute Lemper, spricht dpa, „im Ausland hochgelobt und in ihrer Heimat von mancher Kritik auch verletzt, wirft einen entspannten und sogar humorvollen Blick zurück. Während Sohn Max, gerade zehn Monate jung, in einem Berliner Hotelzimmer immer wieder seine Hose auszieht und damit seine Mutter während des Interviews in Atem hält, wird zur gleichen Stunde in einer Pressevorführung am Berliner Kurfürstendamm Robert Altmans neuer Film „Prêt-à-porter“ gezeigt (Bundesstart am 30. März), in dem sie hochschwanger ein Mannequin spielt.“ Weiter zu den Arbeitsbedingungen im Musicaltheater befragt, sagt Frau Lemper, dort herrsche „Fließbandarbeit und Massenproduktion von Emotionen“. „Jeden Tag emotional den Reißverschluß aufziehen – wer hält das auf Dauer aus“, fragt Ute Lemper den Kulturkorrespondenten, und wir fragen uns, was den Korrespondenten geritten hat, ein solches seltsam frivoles Teil über den sonst so drögen Ticker zu schicken.

Und natürlich fragen wir uns, ob es nicht den guten Geschmack verletzt, wenn man solche faden Mißbrauchswitze über ernstzunehmende ödipale Dramen macht, die sich in Berliner Hotelzimmern unter den Augen der Presse abspielen. Denn darum geht es doch, was Herr Mommert, der in das ödipale Dreieck verwickelte Journalist, offenbar nicht gemerkt hat. Der süße kleine Lemper wollte ihm bedeuten, er solle sich gefälligst verpissen, damit Mutti und er weiter... Igitt? Tja, aber so sind die Jungs nun mal, Mädels.