Nigerias Militärjunta igelt sich ein

■ Ex-Präsident Obasanjo und andere prominente Politiker nach „Putschversuch“ in Haft / Furcht vor Unruhen / Prominente US-Schwarze beginnen Protestkampagne

Berlin (taz) – Das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan ist in muslimischen Ländern oft ein Zeitpunkt für politische Initiativen. In Nigeria, in dem gleichermaßen Christen und Muslime leben, wurde der Ramadan-Ausklang Anfang März diesmal von einem Paukenschlag begleitet: 29 Personen wurden verhaftet, nach amtlichen Angaben Rädelsführer einer Verschwörung, die Militärdiktator General Sani Abacha am 1. März haben stürzen wollen.

Wer die Verhafteten waren, wollte Generalstabschef Abdulsalam Abubakar bei seiner Pressekonferenz am vergangenen Freitag nicht sagen, zumal die Regierung bis dahin Zeitungsberichte über einen Putschversuch zurückgewiesen und einen Chefredakteur deswegen verhaftet hatte. Nun aber soll eine amtliche „Untersuchung“ des Putschversuchs stattfinden, und währenddessen gehen die Verhaftungen weiter. So wurden Anfang der Woche zwei der prominentesten demokratischen Politiker des Landes in Gewahrsam genommen – General Olusegun Obasanjo, Präsident Nigerias zwischen 1976 und 1979 und der bisher einzige Militärherrscher der nigerianischen Geschichte, der freiwillig die Macht an einen gewählten Nachfolger weitergereicht hat, sowie sein damaliger Stellvertreter, General Sheha Musa Yar'Adua.

Obasanjo, der in der nigerianischen Demokratiebewegung großen Respekt genießt, und Yar'Adua hatten zuletzt versucht, die nigerianische Verfassungskonferenz – die im Mai 1994 von der Bevölkerung mit einer etwa zweiprozentigen Wahlbeteiligung gewählt worden war – zu einem Vehikel für die Demokratisierung Nigerias zu machen: Yar'Adua brachte eine Resolution ein, die die Wiederherstellung einer Zivilregierung für Anfang 1996 vorsah. Das Ergebnis war aber, daß es seit Januar keine Vollversammlung der Konferenz mehr gegeben hat. Zugleich hat Nigeria seit der Auflösung des Kabinetts Anfang Februar auch keine Regierung mehr außer der Junta selber.

Beobachter vermuten, der Wirbel um den Putschversuch diene Abacha als Vorwand, nun auch das Militär zu säubern: „Ich glaube, daß es eigentlich keinen Putschversuch gegeben hat“, sagte Ex-Leutnant und Rechtsanwalt Yohanna Madaki der Zeitschrft Tell. „Und auch wenn es einen gab, geht es hier um mehr, als es den Anschein hat.“ Anhänger des Regimes riefen derweil zu „Demonstrationen und Gebeten“ auf.

So wächst in Nigeria die Sorge um die Zukunft des riesigen Landes. Nach der Annullierung der Präsidentschaftswahlen durch das Militär im Jahre 1993 war zunächst befürchtet worden, der vom christlichen Yoruba-Volk bewohnte Südwesten des Landes – aus dem die meisten bekannten Regimegegner stammen – könne sich benachteiligt fühlen, da das Militär von den nordnigerianischen Muslimen dominiert wird. Jetzt ist es aber zu Spannungen im Norden selbst gekommen: Nachdem Ende Dezember im nordnigerianischen Kano ein wegen Blasphemie inhaftierter Christ von Islamisten im Gefängnis enthauptet und der Kopf zum Palast des örtlichen Emirs getragen worden war, organisierten christliche Gruppen während des Ramadan in Kano und der anderen nördlichen Metropole, Kaduna, mehrtägige erfolgreiche Streiks. Zugleich warnten Oppositionelle vor sich erwärmenden Beziehungen zwischen Nigeria und dem auch von einer Militärjunta regierten Sudan, dem im Januar eine hochrangige Delegation aus Nigeria einen Besuch abstattete.

Um den Druck von außen zu verschärfen, will nun die US-amerikanische Gruppe „Transafrica“, die von prominenten US-Schwarzen geleitet wird und sich in der Vergangenheit für Demokratie in Südafrika und Haiti einsetzte, eine Nigeria-Kampagne beginnen. Beteiligt sind unter anderem Ex-Präsidentschaftskandidat Jesse Jackson, die Schriftstellerinnen Alice Walker und Maya Angelou sowie Ex-Boxweltmeister Sugar Ray Leonard. „Es wäre unlogisch für uns, Sorge um Repression und Tyrannei durch weiße Diktatoren in Südafrika zu äußern und dasselbe in Schwarzafrika zu ignorieren“, erklärt Priester Joseph Lowery. Die Regierung Nigerias dürfte diesen Vergleich nicht gerade schätzen. Dominic Johnson