■ Nachgefragt
: „Mobutu - größter Gauner der Welt“

Heimlich, still und leise hat am vergangenen Wochenende der zairische Diktator Mobutu Bremen besucht. Die taz sprach mit Rupert Neudeck, Journalist, Organisator von Hilfsaktionen in aller Welt und Afrika-Experte.

taz: Mobutu war mal eben so zum Kaffetrinken in Bremen. Wer ist der Mann?

Rupert Neudeck: Das ist der Welt größter Gauner und Betrüger im Staatspräsidentengewand. Das heißt, das Gewand ist noch ein bißchen leopardisch verbrämt, er trägt immer eine Leopardenmütze und Marschallstab. Frankreich und Belgien haben ihn schon mal auf Dauer ausgeladen, er wurde da in der Diplomatensprache „persona non grata“, also eine Person, die hier nicht geduldet wird. Doch Mobutu ist der Krieg in Ruanda sehr zugute gekommen, denn die zwei Millionen Flüchtlinge, die auf seinem Staatsgebiet Zuflucht suchten, die wurden nur geduldet, indem er, Mobutu, wieder an die Riviera durfte, in seine Villen.

In Deutschland hat er sich bisher noch gar nicht rumgetrieben. Aber ich vermute, daß Mobutu hier war, in Bremen, um die Bedingungen für ein Asyl in der Bundesrepublik zu erkunden.

Asyl für ihn?

Ja, es ist eine bekannte Tatsache, daß der Welt größte Erzgauner ganz furchtbar leicht Asyl kriegen, wie Duvalier das in Frankreich bekommen hat, Idi Amin in Saudi Arabien, Siad Barre in Nigeria, Mengistu in Simbabwe etc. Das ist kein Problem, denn diese Leute haben keine inländische Fluchtalternative. Das heißt, wenn die zairische Bevölkerung den verjagt, dann ist in Zaire für ihn kein Platz mehr.

Gibt es Anzeichen, daß er hier um Asyl nachsuchen will?

Das war Ausdruck meiner lebhaften politischen Phantasie. Ich könnte mir vorstellen, daß Saddam Hussein es in einer ähnlichen Lage auch bei uns versuchen würde und es bekommen würde. Diese Leute von Saddam Hussein über Mobutu bis Siad Barre und Baby Doc, die bekommen in jedem Fall Asyl und die werden niemals abgeschoben. Aber Kurden und Sudanesen und Vietnamesen , die werden pünktlich von unserem Innenminister in die Wüste geschickt.

Der Innensenator hier in Bremen hat gerade beschlossen, auch nach Zaire wieder abzuschieben.

Das paßt wie der Deckel auf den Pott. So wird die Welt rund: Der ganz große Flüchtlige, der sagt, mein General hat mich vertreiben und bedroht mich mit dem Tode, der würde sofort einen individuellen Fluchtgrund haben. Aber jemand, der bloß ein armer, normaler, gewöhnlicher Kurde ist, und dem es wirklich an den Kragen geht und dessen Familie vielleicht schon von deutschen NVA-Panzern plattgewalzt ist, der kann das natürlich nicht geltend machen.

Gibt es Anzeichen, daß Mobutus Machtposition wackelt?

Mobutu wackelt schon seit mindestens zehn Jahren, und daß er immer noch stabil auf seiner Yacht residiert, die auf dem Fluß neben seinem großen Schloß liegt, das liegt daran, daß die Regierungen Westeuropas und Amerikas ihn immer noch halten, weil sie da große wirtschaftliche Interessen haben.

Sie sagen, er ist einer der größten Gauner, was heißt das?

Mobutu besitzt nach Schätzungen Schweizer Zeitungen, die darüber ja sehr gut informiert sind, 15 Milliarden Dollar. Die Schulden des Landes Zaire betragen allenfalls die Hälfte seines Privatbesitzes. Das ist schon eine Menschenrechtsverletzung, wenn ein Staatschef sein 40-Millionen-Volk aussaugt, betrügt und das Wohl des Volkes ihm scheißegal ist. Die Menschenrechte in Zaire sind ganz fürchterlich lädiert. Das heißt, von den 40 Millionen Menschen hat niemand auch nur ein Quentchen von Rechtssicherheit. Der französische Botschafter in Kinshasa wurde eines Tages einfach durch sein Fenster erschossen und danach ist nicht viel passiert. Dieses kann natürlich noch viel eher einem gewöhnlichen Zairer passieren.

Es heißt, er sei nur als Privatperson gereist. Kann es eine solche Unterscheidung zwischen Privatperson und Staatsmann in einem solchen Fall geben?

Rechtsverdreher und Völkerrechtler und Diplomaten werden solche feinsinnigen Unterscheidungen kennen. Für die Weltöffentlichkeit und für die wichtigste Öffentlichkeit, die es für Zaire gibt, nämlich die des zairischen Volkes, gibt es diese Unterscheidung nicht. Ein Gauner ist nicht in Qualität als Privatperson Gauner, sondern in jeder Qualität, ob er ein öffentliches Amt hat oder Privatperson ist. Das ist der Bevölkerung eigentlich ziemlich schnurzpiepegal.

Mobutu ist von Frankreich und Belgien zur persona non grata erklärt worden. Sollte Deutschland das gleiche tun?

Ich war immer davon ausgegangen, – aber daran sehen Sie meine abgrundtiefe Naivität – daß er hier das sowieso ist und daß man ihn dazu nicht erst erklären mußte. Niemand hat in den letzten Jahren und Jahrzenten auf die Idee kommen können, daß Mobutu die Bundesrepublik oder gar die Hansestadt Bremen besucht. Nun ist es aber passiert und die Ahnungslosigkeit und das Haareraufen auf den Etagen des Auswärtigen Amtes kann ich mir lebhaft vorstellen. Fragen: bpo