Vom Klimagipfel zum Klimahügelchen

■ Umweltministerin Merkel sieht zwei Wochen vor der Berliner Konferenz Hindernisse nur jenseits der Grenzen

Bonn (taz) – Bundesumweltministerin Angela Merkel (CDU) bemüht sich weiter nach Kräften, die Erfolgschancen des Berliner Klimagipfels und den Handlungsspielraum der Bundesregierung als äußerst gering darzustellen. Zwölf Tage vor der Rio-Nachfolgekonferenz bezeichnete es die Politikerin gestern in einer Regierungserklärung vor dem Bundestag als unrealistisch, daß in Berlin ein zusätzliches Klimaprotokoll beschlossen werde.

Verschärfte Maßnahmen, die vor allem den Ausstoß des Klimakillers Kohlendioxid (CO2) verringern sollen, sind demnach nicht zu erwarten. Dennoch erwartet die Ministerin von der Konferenz einen Beitrag zum Kampf gegen die globale Erwärmung.

Die Hindernisse auf dem Weg zu einer Selbstverpflichtung, wie sie die in der AOSIS-Gruppe zusammengeschlossenen Inselstaaten vorschlagen, liegen nach Merkels Darstellung jenseits der deutschen Grenzen. Die Bundesregierung selbst sei durchaus bereit, sich zu binden, wenn nur genügend andere Staaten mitzögen.

Genau diesen Willen streitet die Opposition dem Kabinett ab. So sprach der Bündnisgrüne Joschka Fischer gestern von konkreten Hinweisen dafür, daß Merkel in Koalition und Bundesregierung keine Mehrheit für einen deutschen Vorschlag zur CO2-Reduzierung gefunden hätte. SPD-Fraktionsvize Anke Fuchs warf Merkel vor, auf internationaler Ebene zugunsten eines Abkommens nicht genügend gepowert zu haben.

Kein gutes Haar ließ die Opposition an der in der vergangenen Woche vorgestellten Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft zur Klimavorsorge. Koalitionsabgeordnete priesen sie dagegen als leuchtendes Beispiel dafür, daß marktwirtschaftliche Regelungsinstrumente im Umweltschutz effektiver seien als jede Ordnungspolitik.

Anke Fuchs kritisierte, die Selbstverpflichtung dürfe kein Ersatz für vom Staat erlassene Rahmenbedingungen sein. „Wer Umweltschutz will, muß mit uns den Weg der ökologischen Steuerreform gehen“, sagte sie. Die Wirtschaft habe zudem mit der interpretationsfähigen Formulierung „bis zu 20 Prozent“ ihr Sparziel ungenau beschrieben. Fischer warf der Umweltministerin vor, sie habe sich aus jeglicher wirksamen Klimapolitik verabschiedet. Mit der Annahme der vagen Verpflichtung habe sie zugleich auf eine CO2-Steuer und eine Wärmeschutzverordnung verzichtet.

Heute entscheidet der Bundestag über Anträge von Grünen und SPD auf Einführung einer Steuer für Flugbenzin. Eine solche Steuer hatte auch die Umweltministerin selbst vor wenigen Wochen angeregt, war jedoch von Kanzler Kohl prompt zurückgepfiffen worden. Hans Monath